Lüneburg.. Der Herbst in der Lüneburger Heide begründet sich längst nicht mehr nur aus den Liedern Hermann Löns. Neben malerischen Dorflandschaften und den größten Grabkammern Norddeutschlands gibt es hier auch sonst viel zu entdecken.
Die Heide blüht! Und alle, alle kommen. Die zartlilafarbenen Blütenbilder vom letzten Jahr noch in der Erinnerung und Hermann Löns Heidehymne im Herzen, ziehen die Heidefreunde in Deutschlands beliebte Ferienlandschaft. In diesen Wochen des Spätsommers und Frühherbstes, wenn die Heide ihr schönstes Kleid angelegt hat, den Blütenzauber der Calluna, sieht es im Herzstück der Lüneburger Heide genau so aus, wie jedermann sich die Heide vorstellen mag.
Seit des Heidedichters Hermann Löns’ Tagen und Zeiten hat das „wunderschöne Land“, wie er die Heide besungen hat, nichts von ihrer Faszination verloren. Auch der tüchtigste Werbemanager müsste sich heute Ungewöhnliches einfallen lassen, wollte er das Land im Norden werbewirksamer darstellen als es Hermann Löns mit seinen Liedern und Geschichten getan hat.
Aber die Lüneburger Heide ist inzwischen längst über Hermann Löns hinaus gewachsen. Sie ist in dieser Jahreszeit auch das Land der mächtigen Eichenhaine, in deren knorrigen Kronen sich vielleicht die ersten bunten Blätter zeigen. Sie umstehen an so vielen Stellen die alten Höfe aus roten Klinkern, manche von ihnen noch mit Reet gedeckt. Vor der Hofeinfahrt werden Heidekartoffeln angeboten, Heidehonig, Bauernwürste, Sträuße frischer Gartenblumen aus Bauerngärten, wie Oma sie schon gepflegt hat.
Merkwürdigstes Dorf Deutschlands
In einem der schönsten Eichenhaine präsentiert sich Wilsede, Deutschlands merkwürdigstes Dorf. Als einziges kann man es nur zu Fuß oder mit der Kutsche erreichen, liegt es doch mitten im Naturschutzpark – der Lüneburger Heide berühmtester Landschaft, mit Wilseder Berg, Totengrund und Schlangengrund, dem Schäfer mit seiner Schnuckenherde und alten Bienenzäunen.
Die Krelinger Heide kann man mit Fahrrädern auf sandigen Wegen durchstreifen. Hier lässt die einzige Schäfermeisterin der Lüneburger Heide ihre Tiere weiden, grasen kann man ja nicht sagen. Ernähren sich doch diese typischen Heideschafe vor allem von den Spitzen der Calluna, des Heidekrautes. Nur ihnen ist es zu verdanken, dass es die Heide überhaupt noch gibt. Die Tiere zerreißen beim Umherlaufen zwischen den Heidebüschen die unzähligen Spinnennetze, in denen sich auch die Bienen verfangen, die zur Bestäubung und damit Arterhaltung der Heide unerlässlich sind.
Ein "Land" für Naturfreunde
Bunte Stieglitze turnen in den Büschen am Rande des Weges, der von Fallingbostel aus am Tietlinger Golfplatz vorbei führt. Der Rasen schimmert so grün wie ein frisch verlegter Teppichboden. Mehr als 15 Golfplätze sind in den letzten Jahren in der Heide entstanden, machen dank der kurzen Entfernungen zwischen ihnen das Land zwischen Bremen und Hannover, zwischen Hamburg und Braunschweig, zu einem kleinen Golferparadies.
Doch schon lange vor der Entstehung der Golfplätze wurden viele von Löns’ Liedern und Naturschilderungen in das „wunderschöne Land“ gelockt. Wanderer, Naturfreunde, Jäger. Jäger aus Hannover waren es auch, die damals nicht ganz auf das gewohnte Ambiente verzichten wollten. Ihrem berühmten Großstadtcafé „Kröpke“ trauerten sie nach, wenn sie in der Heide waren. So kreierten sie ein Gasthaus im Ostenholzer Moor unweit Walsrode, Fallingbostel und Löns‘ Grab zum „Heide Kröpke“, das längst zu einem noblen touristischen Zentrum im Herzen der Löns-Heide im Heidekreis Soltau-Fallingbostel wurde.
Eine Exkursion in die Vorgeschichte der Heide
Als besonderen Leckerbissen empfiehlt der Hausherr eine kombinierte Rad- und Kajaktour. Mit hauseigenen Fahrrädern geht es auf schmalen Wirtschaftswegen durch den Esselter Bruch an die junge Aller, die hier oben allerdings auch kein Kleinkind mehr ist. Hier warten Kajaks, mit denen man fast lautlos dahin gleitet.
Auch eine Exkursion in die Vorgeschichte der Lüneburger Heide lohnt sich. Ihr muss allerdings mitten im Truppenübungsplatz Bergen-Hohne, Mitteleuropas größtem Panzerübungsplatz, nachgespürt werden. Truppenübungsplätze in der Lüneburger Heide waren lange Zeit ein Stein des Anstoßes für die Liebhaber der stillen Landschaft. Doch sie entstanden schon im 19. Jahrhundert als die Heide als so öd und verlassen galt, dass Jeremias Gotthelf den europäischen Königen empfahl, ihre Kriege doch in der Lüneburger Heide auszutragen.
Auf dem NATO-Gelände hat ein einfühlsamer deutscher Standortkommandant vor Jahren viel dafür getan, das Verhältnis zwischen übenden Truppen und der Zivilbevölkerung zu entspannen. „Wäre mein Haus hier unmittelbar am Rande des Truppenübungsplatzes das, was es jetzt ist, wenn die Verhältnisse wirklich so schlimm wären, wie sie oft noch dargestellt werden?“, fragt die Besitzerin des „Heide-Kröpke“.
Grabkammern am Wochenende geöffnet
Am Wochenende wird eine der sonst für Besucher gesperrten Heidestraßen durch den Übungsplatz geöffnet. Dann kann man die größten vorgeschichtlichen Grabanlagen Norddeutschlands besuchen, die Sieben Steinhäuser. Die Grabkammern, vor 5000 Jahren errichtet, sind heil, ungeachtet der unübersehbaren Spuren ringsum, die es nun einmal auf einem Panzerübungsplatz gibt. Hermann Löns hat zwar seinerzeit bedauert, dass man Kiefern um die gewaltigen Grabkammern angepflanzt hatte. Doch vielleicht haben sie ihren Teil dazu beigetragen, dass diese Grabkammern unzerstört blieben.
Auch Löns’ Grab ist in der Heide zu finden. Unter uralten Wacholdern und hohen Birken liegt im Tietlinger Wacholderhain der große Findling, unter dem der Heidedichter begraben ist. Er hat die Heide, die Heide hat ihn bekannt gemacht.