Essen.. Wie kann es sein, dass eine Eigentumswohnung mit drei Zimmern nur 10.000 Euro kosten soll? Sind das alles Schrott-Immobilien oder kann man sich auch mit Kleinstbudget den Traum der eigenen vier Wände erfüllen? Immobilienmakler warnen: ein Kauf kann teurer werden, als man denkt.

Das Angebot von Eigentumswohnungen, die nur wenige Tausend Euro kosten sollen ist im Ruhrgebiet ist ziemlich groß. Die meisten solcher 'Billig-Wohnungen' stehen über Zwangsversteigerungen zum Verkauf. Immobilienmakler warnen: ein Kauf kann teurer werden, als man denkt. Einige Hinweise:

Wie erkennt man ein Wohnungs-Schnäppchen?

Wenn, dann wohl nur mit fachkundiger Hilfe. Der Oberhausener Immobilienmakler und –Sachverständige Swen Jansen warnt: "Als Laie kann man heute nur schwer erkennen, welche verborgenen Kosten mit einer Immobilie verbunden sein können“. Auch der „Verkehrswert“ einer Immobilie sagt nicht alles über ein Objekt aus. „Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse“ auf Seiten der aktuellen Eigentümer würden beispielsweise nicht berücksichtigt. Die könnten nach einem Kauf noch Probleme bereiten.

Wo versteckte Kosten lauern

Ein Beispiel aus Gelsenkirchen: Dort vermittelt Swen Jansen in einem Altbau aktuell zwei jeweils über 100 Quadratmeter große Wohnungen, die für weniger als 10.000 Euro angeboten werden. Tatsächlich aber müsste das komplette Haus grundsaniert werden, geschätzt sind das 730 Euro je Quadratmeter für die „Revitalisierung“ und um das Haus „in marktkonformen Zustand“ zu bringen. Folge: „Wenn die Eigentümergemeinschaft diese Sanierungsarbeiten beschließt, müssten zum Kaufpreis noch gut 100.000 Euro pro Eigentümer an Investitionen gerechnet werden“.

Instandhaltungskkosten und die 'Macht' der Miteigentümer

Vorsicht bei Instandhaltungskosten

Fast die Hälfte aller Wohngebäude im Ruhrgebiet sind älter als 40 Jahre. Ihnen fehlt es an Wärmedämmung! Swen Jansen rät Interessenten deshalb, diese Kosten vor dem Erwerb bereits „einzupreisen“: „Wenn das Haus vier Eigentümer hat mit je 25 Prozent Miteigentumsanteil, muss jeder ein Viertel der Sanierungssumme übernehmen“. Eine Fassadensanierung kann schnell sechsstelligen Summen kosten.

Die ‚Macht’ der Eigentümergemeinschaft

Das gilt nicht nur für Billigwohnungen: „Eine Eigentumswohnung kann man nicht isoliert betrachten“, warnt Swen Jansen. Sie ist immer Bestandteil einer Eigentümergemeinschaft. „Diese muss alle Entscheidungen beschließen“. Das bedeutet, man kann auch überstimmt werden und ist abhängig vom Wohl und Wehe der anderen Besitzer. Anders als bei einem Einfamilienhaus.

Wie läuft eine Zwangsversteigerung ab?

Nicht bei Ebay, sondern vor dem örtlichen Amtsgericht. Man sollte die Verfahrenseröffnung nicht verpassen, weil da alle wesentlichen Dinge rund um Objekt und Eigentumsverhältnisse erläutert werden, sagen Insider. Beim Bieten gelten Regeln: Das Höchstgebot garantiert noch nicht den Zuschlag, weil der Gläubiger erst sein Okay geben muss. Die Bietzeit kann je nach Bieterandrang Stunden dauern und muss über mindestens eine halbe Stunde gehen. Es gibt die 5/10- und die 7/10-Grenze in Bezug auf die Höhe der Gebote. Die Grenzen können in einem „juristisch zweiten Termin“ dann unterboten werden. Wer tatsächlich vor Gericht den Zuschlag erhält, gilt mit dem letzten Hammerschlag als Eigentümer, auch wenn man dann noch nicht im Grundbuch steht. Mit allen Verpflichtungen und Risiken. Der Marler Makler Maik Blasinski warnt vor Spaß-Bietern: „Gebote sind mündlich, aber verbindlich.“

Welcher Preis gilt bei einer Zwangsversteigerung?

Wenn Immobilienmakler Objekte vermarkten, die im Zuge einer Zwangsversteigerung verkauft werden, ist damit meist der Betrag gemeint, „zu dem ein Zuschlag in der Zwangsversteigerung erfolgen könnte“. Bei Zwangsversteigerungen kann es gelingen, „eine Wohnung deutlich unter dem gerichtlich festgesetzten Verkehrswert zu erwerben“, sagt Swen Jansen.

Für wen sind Billig-Immobilien interessant?

"Interessenten für solche Immobilien kommen in der Regel aus dem näheren Umfeld des Objekts. Oft kennen sie die Gegend besser, als der Makler", das gibt Sicherheit, sagt Makler Maik Blasinski. Stellenweise handeln Käufer, weil sie ein 'Sonderinteresse' haben. Das kann Verwandschaft sein, die in der Nähe oder im gleichen Haus wohnt. Oder ein Wohnungseigentümer kauft weitere Wohnungen hinzu, etwa damit er mehr Einfluss in der Eigentümergemeinschaft hat. Der Essener Axel Schulten hat eine Billig-Immobilie erstanden. Er rät: „Ein aussagekräftiges Gutachten und eine ausführliche Beratung sind notwendig, um mit einem guten Gefühl eine Immobilie zu kaufen, bei der wegen der Zwangsversteigerung Besonderheiten oder Risiken auftreten könnten. Einen finanziellen Puffer zu haben, ist auch immer ratsam.“