Panama. Karneval in Südamerika - das ist der Karneval in Rio. Meint man. Doch weit gefehlt: Auch in Panama wird gefeiert. Vier Tage und vier Nächte. Mit einer schönen Königin, heißen Rhythmen - und kalten Duschen.
Virginia Hernandez scheint tiefenentspannt, wie sie da so sitzt in ihrem viel zu großen Sessel in einem Zimmer des Luxushotels "El Panama". Auf den beiden Betten im Zimmer liegen, farbenfroh geschminkt und frisch frisiert, ihre beiden Prinzessinnen in langen roten Kleidern. Ein Visagist, mehrere Kostümbildner - sie alle arbeiten daran, eine Königin aus der 21-jährigen zu machen: La Reina, die Königin des Karnevals von Panama.
Model-Maße müssen sie haben und schöne Haut, eine gewisse Weltgewandtheit und zumindest Grundkenntnisse in Englisch: Die Königin und ihre Prinzessinnen werden alljährlich von einer strengen Jury ausgewählt, sogar von Schönheitschirurgen werden ihre Körper begutachtet. Denn sie sind gleichzeitig Schönheitskönigin und repräsentieren Panama bei verschiedenen Veranstaltungen in der ganzen Welt, ein ganzes Jahr lang.
Im Bus Richtung Cinta Costera. Dort findet am Freitagabend das erste große Ereignis dieses Karnevals statt, die Krönung der Königin, die Stabübergabe von der Carnival Queen des vergangenen Jahres. Umrahmt wird dieses Ereignis von einer riesigen Party: Auf der Bühne stehen die alte und die neue Reina, an ihren Seiten die jeweiligen Prinzessinnen. Sie lächeln, winken und schwingen die Hüften - soweit das die sehr figurbetonten Kleider und die funkelnden, schweren Kronen erlauben.
30 Grad im kältesten Monat des Jahres
Um sie herum dröhnen schnelle, südamerikanische Tanzrhythmen aus den Boxen, auf der Bühne sorgen panamesische Bands für Stimmung. Auch, als es später am Abend kurz zu regnen beginnt, trübt das die Freude der Zuschauer nicht, die in langen Schlangen an den Eingängen auf diese große Party gewartet haben. Es sind noch gut 30 Grad, tiefster Winter in der Millionenstadt am Pazifik - der Februar gilt als kältester Monat des Jahres.
Salamón Shamah, der Tourismusminister des Landes, spricht davon, dass in den tollen Tagen in Panama-Stadt mindestens 800.000 Menschen auf der Festmeile feiern werden - an diesem Abend sieht es allerdings nach einer deutlich geringeren Zahl aus. Doch der Karneval in der Stadt - und in Dörfern auf dem Land - dauert vier Tage. Vier Tage und vier Nächte. Jeden Abend bei Einbruch der Dunkelheit: eine Parade. Prachtvoll geschmückte Wagen ziehen dann über die abgesperrte Uferpromenade. Darauf: tanzende, leicht bekleidete Damen und Figuren wilder Tiere aus Pappmaché. Dem Wagen der Königin folgt die Murga, eine Musikantentruppe, die vornehmlich mit Trompeten rhythmischen Lärm macht.
Regenstürme vom blauen Himmel
Doch die Panamenos kommen nicht erst am Abend auf die Partymeile - zumindest nicht zum ersten Mal. Denn am Vormittag, wenn die Sonne in dieser trockenen Zeit des Jahres die Luft auf gut 35 Grad erwärmt, geht die Party schon los. Und das mit einer echten Besonderheit dieses Karnevals: den Culecos. Regenstürme vom blauen Himmel, an dem kein Wölkchen zu finden ist.
Aus Feuerwehr-Schläuchen lassen sich die Menschen vor allem in der warmen Mittagszeit nass machen. Während auf der Bühne die DJs Schwerstarbeit leisten, damit die Musik über die Cinta Costera dröhnt und die Menschen zu hunderten auf der Straße tanzen, flankieren Tankwagen den Ort des Geschehens. Darauf stehen Männer und Frauen in knappen Outfits, die sich einen Spaß daraus machen, die johlende Menge abzukühlen.
Maskeraden werden dabei nicht zerstört - denn das Verkleiden ist bei diesem Karneval die Ausnahme. Und wer zu den Culecos geht, weiß, was ihn erwartet. Badehose und Bikini sind hier der Dresscode. Je knapper, desto besser. Denn man ist nass, wenn einen der Feuerwehrschlauch erwischt. Durch und durch nass. Den Kindern macht das einen Riesenspaß, auch wenn sie manchmal von der Stärke des Strahls fast umgehauen werden. Und auch die Erwachsenen scheint das kalte Wasser nicht zu stören. Im Gegenteil.
Viele Ort in Panama haben ihre eigenen Traditionen. Las Tablas zum Beispiel, die Hauptstadt der Provinz Los Santos, gute vier Stunden von Panama-Stadt entfernt. Hier heißt es an den tollen Tagen Calle Arriba gegen Calle Abajo, Obere Straße gegen Untere Straße. Die Stadt ist dann in zwei Lager geteilt, jedes versucht, das andere zu übertrumpfen: mit dem Schmuck an Häusern, Geschäften, Kneipen und Straßen, mit schier endlosen Feuerwerken am Abend. Und am Veilchendienstag, dem Tag vor Aschermittwoch, ist alles vorbei. (dpa)