Der Craft-Beer-Trend entstand in den USA und ist längst in NRW angekommen. Kreative Bier-Brauer erfinden den Gerstentrunk neu.
Auch in Supermärkten findet man es mittlerweile zuhauf: Craft Beer, auf deutsch etwa handwerkliches Bier. Doch was steckt hinter diesem Trend? Bei den kreativen Hopfenkaltschalen geht es vereinfacht um „geschmacks-intensives und aromenreiches Bier. Sie werden anders verarbeitet, sodass man aus den Rohstoffen das Maximum herausholen kann“, erklärt Braumeister und Diplom-Biersommelier Christian Wolf aus Dortmund.
Dabei wird zum Großteil im Einklang mit dem Reinheitsgebot gearbeitet – ganz ohne Panschen. Beliebt sind Sorten wie Ale oder India Pale Ale (IPA), doch das muss nicht sein: „Ein ähnliches Geschmackserlebnis kann man auch bei einem guten deutschen Pils hinbekommen, indem man andere Hefe oder Hopfen verwendet.“
Der Trend entstand in den USA
Ursprünglich kommt das Ganze aus den USA, wo der Markt Anfang der 1970er Jahre von dünnem Gebräu dominiert wurde. Deswegen fingen viele Verfechter des Geschmacks an, ihre Biere selbst zu brauen und später zu verkaufen. Als zu Beginn der Jahrtausendwende bei Nahrungsmitteln mehr auf die Herkunft und Qualität geachtet wurde, hatte auch das Craft Beer seinen endgültigen Durchbruch. In Deutschland kam das erst in den letzten Jahren auf. Vor allem kleine Brauereibetriebe bedienen nun die Lust auf mehr Geschmack. Das geschieht aber nicht nur in den Craft-Beer-Hochburgen wie Berlin oder Hamburg: „Es tut sich einiges – auch in NRW. Kleinere Projekte wie „Mücke“ in Essen, das „Brauprojekt 777“ in Voerde, „Fleuther“ in Geldern oder auch „Bergmann“ in Dortmund bringen mit ihren Bieren Schwung in die Branche“, so Wolf.
„Wenn man den Leuten sagt: „Halt deine Nase ins Glas und riech’ mal dran. Sag’ doch mal, was du riechst?“ Dann kriegt man sie“, erklärt der Diplom-Sommelier. Gerade in den Sommertagen reicht Wolf bei seinen Bierverkostungen gerne ein trockenes Pils oder ein Sour Beer (wie Berliner Weiße ohne Sirup) und schickt die Leute auf die Reise in Richtung Sehen, Riechen und Schmecken.
Die Craft-Beer-Szene hält zusammen
Um diese Reise geht es letztlich, das weiß auch Gary Fay, der am Hauptsitz des schottischen Szene-Riesen Brewdog in Ellon Brauereiführungen leitet: „Ich bin immer glücklich, wenn ich jemandem geholfen habe, ein Bier zu finden, das ihm schmeckt – es muss nicht mal eines von unseren sein“. Das Unternehmen betreibt in ganz Europa Bars, in denen auch Biere anderer Betriebe ausgeschenkt werden. Bei den alljährlichen „Collab-Festen“ kommen sogar unterschiedliche lokale Braumeister zusammen, um ein ganz neues Bier zu erschaffen.
Man sollte sich nicht zu sehr einschränken, meint Christian Wolf: „Für mich ist jedes Bier ein schönes Bier, das man zum Feierabend genießen kann. Und am nächsten Tag kann immer noch ein völlig anderes Bier kommen, das mir noch viel besser schmeckt.“ Na dann, prost!
Was ist eigentlich ein IPA?
Das India Pale Ale, kurz IPA genannt, ist ein beliebter Braustil im Craft-Beer-Bereich. Zum einen trifft es aktuell den Geschmack der Szene. Zum anderen ist es eine der einfacheren Arten, ein gutes Craft Beer zu machen. Durch die späte Zugabe des sehr aromatischen Hopfens lassen sich nämlich kleinere Braufehler ausbessern.
Dieser zusätzliche Hopfen (Foto) macht sich im Geschmack bemerkbar. IPAs sind oft sehr bitter. Zudem mischt eine hohe Stammwürze mit, die das Getränk zusammen mit einem Alkoholwert von sechs bis zehn Prozent in die Starkbierkategorie fallen lässt. Dennoch erfrischt es, weil mit obergäriger Hefe (ähnlich wie beim Weizenbier) und zumeist fruchtigen Hopfennoten gearbeitet wird. Im Gegensatz zur industriellen Produktion wird meist echter Hopfen statt Pellets genutzt.
Seinen Ursprung hat das Gebräu im Mutterland des Ales: England. Dort wurden im 18. Jahrhundert die Pale Ales, also die blassen Gerstentrunke, für die Kolonien in Indien haltbar gemacht. Also versetzte man sie mit mehr Alkohol und Hopfen, der antibakteriell wirkt. Nach dem monatelangen Transport wurden die Biere dann wieder mit Wasser verdünnt. Manche tranken das Konzentrat aber auch lieber pur.