Rason.. Wer seinen Urlaub mal nicht entspannt im Sterne-Hotel mit allem Wellness-Schnick-Schnack verbringen will, der kann es jetzt auch eine Nummer rustikaler haben. Mit einer Kreuzfahrt auf einem Frachter will Nordkorea den Tourismus ankurbeln.
An Bord der "Man Gyong Bong" wird frischer Kaffee serviert, getrockneter Fisch und örtliches Bier. Am Abend sorgt sogar eine Karaokeparty für Stimmung. Doch aus den Wasserhähnen kommt meist kein Wasser, und statt Betten gibt es Matratzenlager. Willkommen auf der ersten Kreuzfahrt Nordkoreas. Wenn es nach dem Willen der Behörden geht, soll die 21-stündige Bootstour von der heruntergekommenen Hafenstadt Rajin im Nordosten des Landes in die malerische Tourismusregion am Kumgang-Berg den Tourismus ankurbeln und dringend benötigte Devisen in das isolierte Land bringen.
Fast 40 Jahre alter Frachter
Mehr als 120 Journalisten und chinesische Reiseveranstalter lud das sonst eher öffentlichkeitsscheue Regime zur Probefahrt. Für die Tour wurde ein fast 40 Jahre alter Frachter renoviert, der bis 1992 als Fähre zwischen Nordkorea und Japan im Einsatz war. "Die Renovierungsarbeiten am Schiff waren erst vor einer Woche beendet", sagt Hwang Chol Nam, Vize-Bürgermeister der Sonderwirtschaftszone Rason. Die Idee zu dem Projekt hatten die nordkoreanische Wirtschaftsvereinigung Taepung und die Regierung von Rason. Das Gebiet an der Nordostküste des Landes mit den Städten Rajin und Sonbong erhielt 1991 den Status einer Freihandelszone, um Investitionen nach Nordkorea zu bringen. Wegen der schlechten Infrastruktur, häufigen Stromausfällen und mangelnden Vertrauens ausländischer Investoren in die stalinistische Führung war dem Projekt wenig Erfolg beschieden.
Raus aus der Isolation
Nun starten die Behörden einen neuen Versuch, die an Russland und China grenzende Zone attraktiv zu machen. Schließlich leidet Nordkoreas Wirtschaft unter den internationalen Sanktionen, die gegen den totalitären Staat wegen seines Atomwaffenprogramms verhängt wurden. Nach jahrzehntelanger Isolation und schlechter Wirtschaftspolitik ist Nordkorea bitterarm, die Bevölkerung kämpft mit ständiger Nahrungsmittelknappheit. Nun soll in Rason nach Darstellung Hwangs das Seefracht-Geschäft ausgebaut werden, die Verarbeitung von Meeresfrüchten und der Tourismus. Westlichen Touristen öffnet sich das Land erst allmählich. Lediglich das Gebiet am Berg Kumgang ist touristisch erschlossen. Doch seit dort 2008 ein nordkoreanischer Soldat einen Urlauber aus dem Süden erschoss, steht die Region im Zentrum eines politischen Konflikts.
Bilder von Kim Jong-Il
Als die "Man Gyong Bong" Ende August in Rajin ablegt, stehen hunderte Studenten und Arbeiter mit Blumen am Pier. Ausflüge der Reisenden vom Boot werden streng überwacht. Kurze Kontakte mit Einheimischen ergeben sich nur mit Reiseführern, Inhabern von Touristengeschäften und Hotelangestellten. Durch die Fenster des Ausflugsbusses sind Nordkoreaner zu sehen, meist in einfarbiger Kleidung, die vorbeiradeln oder eines der seltenen Autos durch die leeren Straßen steuern. In der riesigen Eingangshalle eines Hotels in Rajin grüßen Porträts von Staatsoberhaupt Kim Jong-Il und seines verstorbenen Vaters Kim Il-Sung. Die Zimmer sind spartanisch, aber sauber. Nirgendwo gibt es eine Internetverbindung, die Telefonleitungen sind unzuverlässig und teuer. Handys werden von den Reiseführern eingezogen, sobald Besucher in das Land einreisen.
Kein Handy und noch kein Internet
Hwang zufolge versucht die Verwaltung der Freihandelszone, die Kommunikationsmöglichkeiten zu verbessern. Internet soll es noch im September geben. Websites ohne Bezug zur Wirtschaft werden ihm zufolge jedoch gesperrt. Für Simon Cockerell, Geschäftsführer des auf Nordkorea spezialisierten Pekinger Reiseveranstalters Koryo Group, liegt der Reiz der Touren durch Nordkorea im Unbekannten: "Viele Leute reisen gern an obskure Orte", sagt er. "Und dies ist der obskurste Teil eines touristisch sehr obskuren Landes - der am wenigsten besuchte Teil des weltweit am wenigsten besuchten Landes." (afp)