Höxter. Westfalen hat seine erste Welterbestätte. Die ehemalige Benediktinerabtei Corvey in Höxter zählt seit kurzem zu den vom Unesco-Komitee ausgezeichneten “Schätzen der Welt“. Das karolingische Bauwerk stammt aus dem 9. Jahrhundert und ist das einzige erhaltene Westwerk aus dieser Zeit.
Die ehemalige Benediktinerabtei Corvey in Höxter ist das fünfte Unesco-Welterbe in Nordrhein-Westfalen. Das Unesco-Komitee nahm die ehemalige Reichsabtei aus dem 9. Jahrhundert im Juni auf ihre begehrte Liste der „Schätze der Welt“ auf. Corvey ist damit die erste Welterbestätte in Westfalen.
Zur Begründung hieß es, das sogenannte Westwerk der ehemaligen Benediktinerabtei sei eines der wenigen in wesentlichen Teilen erhaltenen karolingischen Bauwerke und darüber hinaus das einzige erhaltene Westwerk aus dieser Zeit. Imposante Westwerke wie dieses wurden meist an Kirchen von Reichsklöstern angebaut, in denen reisende Könige oder Kaiser residierten. Die Bauwerke waren den Herrschern und ihrem Gefolge vorbehalten. Von einer Empore aus, die sich zum Kirchenraum öffnete, konnte der König oder Kaiser aus einer erhöhten Position am Gottesdienst teilnehmen.
Prächtige Wandmalerei in Fragmenten erhalten
Einzigartig macht das Corveyer Westwerk auch seine prächtige Wandmalerei, die in Fragmenten noch erhalten ist. Sie zeigt Szenen aus der Odyssee und beweist damit, dass auch sakrale Gebäude in der Zeit auf Bilder aus der Antike zurückgegriffen haben. Auf Grund seiner kulturellen Bedeutung wird Schloss Corvey von der NRW-Stiftung Natur – Heimat – Kultur unterstützt, die ihre Gelder aus den Erträgen von Westlotto bekommt. Viele Projekte und Organisationen in Nordrhein-Westfalen werden mit Lotterie-Einnahmen gefördert.
Neben dem Westwerk hatte Corvey auch die versunkene Klosterstadt Civitas Corvey in seinen Welterbeantrag aufgenommen. Die Siedlung war von Bürgern der rivalisierenden Stadt Höxter und dem Bischof von Paderborn zerstört worden. Die Ruinen und Straßenzüge sind bis heute nahezu vollständig nachvollziehbar unter der Erde zu finden.
Abtei mit Leuchtturm-Funktion
Auch kirchenhistorisch hat Corvey eine herausragende Bedeutung: Sein Bau geht bis auf Kaiser Karl den Großen zurück. Er hatte die heidnischen Sachsen in der Region besiegt und wollte ihnen die Übermacht des Christentums auch durch die Errichtung des neuen Klosters beweisen. Innerhalb kurzer Zeit avancierte die Abtei zum geistigen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Leuchtturm. Mönche brachten von hier aus den christlichen Glauben bis nach Nordeuropa.
Einer der berühmtesten Bewohner des Gebäudes, das Anfang des 19. Jahrhunderts in weltliche Hände übergeben wurde, war August Heinrich Hoffmann von Fallersleben. Der Verfasser der deutschen Nationalhymne war hier als Bibliothekar tätig und wurde nach seinem Tod auf dem benachbarten Friedhof begraben. Sein Grab ist noch heute zu sehen. Schloss Corvey selbst beherbergt inzwischen unter anderem ein Museum und ein Aktivhotel. Corvey ist die 39. Welterbestätte in Deutschland. Seit 1999 stand es auf der nationalen Vorschlagsliste der Unesco. 2012 meldete Deutschland „Corvey – Das Karolingische Westwerk und die Civitas Corvey“ offiziell beim Welterbe-Komitee in Paris an.