Hannover/Salzgitter. Viele schmackhafte Pilze lassen sich im eigenen Garten anbauen. Voraussetzung sind ein gutes Stück Holz und Geduld. Wer regelmäßig im eigenen Pilzgarten ernten will, sollte dazu noch einige Regeln beachten.
Statt Sommerflieder wachsen Austernpilze, an Stelle eines Oleanders stehen Stockschwämmchen: Was für viele Menschen zunächst einmal irritierend klingt, ist tatsächlich möglich - denn nicht nur Pflanzen können Hobbygärtner in ihrem Reich kultivieren, sondern auch viele Pilzarten. Wer sich einmal auf diese besondere Art des Gärtnerns eingelassen hat, wird schnell belohnt. Ähnlich wie ein Kräuter-, Obst- oder Gemüsegarten lädt auch ein Pilzgarten zur regelmäßigen Ernte ein.
"Pilze sind keine Pflanzen. Wer sie anbauen oder züchten will, muss sich zunächst einmal darüber im Klaren sein, dass sie völlig andere Lebensansprüche haben", sagt Dieter Honstraß in Salzgitter, Betreiber des Info-Portals pilzschule.de. Das bedeute vor allem, dass Pilze anders als die Photosynthese betreibenden Pflanzen kein Bedürfnis nach Licht haben - auch nicht nach Mineralstoffen. "Pilze ernähren sich von totem organischen Material oder leben in Verbindung mit bestimmten Bäumen. So haben sich einige Pilzarten darauf spezialisiert, Holz gewissermaßen zu fressen, andere lieben dagegen Stroh, Blätter, Gras, Rinde oder andere abgestorbene Pflanzenreste", sagt Honstraß.
Pilzbrut aus dem Online-Shop
Zwar könne man auch auf Kompost oder Stroh Pilze kultivieren. Relativ leicht zu züchten seien aber vor allem die auf Holz spezialisierten Pilze, sagt Honstraß - deswegen seien sie für Einsteiger am besten geeignet. Das gelte insbesondere für den oft auch im Lebensmittelhandel angebotenen Austernpilz sowie den aus Japan stammenden Shiitake.
Um sie zu züchten, müsse man ein geeignetes Stück Holz mit kleinen Pilzproben imprägnieren, der sogenannten Pilzbrut, die man in vielen Online-Shops erhalten könne. "Was wir als Pilz kennen, ist nur die Frucht. Der eigentliche Pilz ist ein ultrafeines, hauchdünnes Geflecht von weißlichen Fäden, wie man das vom Schimmel kennt. Dieses Geflecht durchwächst die Nahrungsgrundlage, zum Beispiel Holz." Habe er sich einmal angesiedelt, könne man das Holz regelmäßig abernten.
"Um den Pilz ins Holz zu bekommen, gibt es mehrere Methoden. Die einfachste ist das sogenannte Impfen mit sogenannten Impfdübeln", sagt Nicola Krämer in Hannover, Autorin des Buchs "Shiitake und Austernpilze - Anbau im eigenen Garten, vegetarische Rezepte." Dazu bohrt man zunächst Löcher in den Stamm und schlägt anschließend mit einem Gummihammer Holzdübel hinein, die mit dem Pilz durchwachsen sind . "Das ist im Grunde nichts anderes als bei Pflanzen Stecklinge zu setzen."
Häufig mehrere Ernten im Jahr möglich
Sei das Holz geimpft, müsse man nicht mehr tun als warten - das aber länger. Die sogenannte Durchwachsphase dauere bei den meisten Pilzen ein halbes Jahr, beim Shiitake normalerweise sogar ein ganzes. Bis es soweit sei, gehöre das Holz unter Folie in eine schattige Ecke. "Das sorgt für ein feuchtes Mikroklima, wie Pilze es lieben." Sei die Durchwachsphase vorbei, werde der Stock an einer windstillen, schattigen Stelle zu etwa einem Drittel eingegraben.
Weitere Pflege sei nicht nötig. "Wie bei einer Pflanze kann man den Stock jetzt immer wieder abernten", sagt Nicola Krämer - nur, dass das Wachstum meist schneller vonstattengehe. Häufig seien mehrere Ernten im Jahr möglich, weil der Pilz bei geeigneten Bedingungen schnell wachse. "Aber das kann man nicht steuern. Eine Ausnahme sind wiederum Shiitake-Pilze. Wenn man den Stock 48 Stunden ins Wasser legt, kann man davon ausgehen, zwei Wochen später ernten zu können."
Nicht jede Pilzart gedeiht auf jedem Holz
Beachten sollten angehende Züchter allerdings, dass nicht jede Pilzart auf jedem Holz gedeiht. So könne die Wahl der richtigen Art eine Wissenschaft für sich sein, sagt Krämer. "Für Anfänger reicht es, zu wissen, dass sehr viele Arten auf Buchenholz gedeihen." Dies gelte auch für Shiitake, für den man zudem Eiche nehmen könne sowie für den Austernpilz, der auch auf Pappel gedeihe. Wichtig seien auch die Dimensionen des Holzes.
"Shiitake braucht lange Knüppelhölzer von etwa 120 Zentimetern Länge und einem Durchmesser von zehn bis 15 Zentimetern. Alle anderen Arten benötigen kürzere, dicke Hölzer. Diese sollten etwa 40 Zentimeter lang sein und einen Durchmesser von 20 Zentimetern haben."
Auch Fertigkulturen im Handel
Vor allem aber müsse man darauf achten, dass das Holz frisch sei. "Wenn man altes Holz nimmt, ist meistens schon ein Fremdpilz drin", sagt Buchautorin Nicola Krämer. Die eigene Art könne sich dann nicht ansiedeln. Beziehen könne man frisch geschlagenes Holz oft bei Garten- und Landschaftsbaubetrieben, bei Kommunen und Forstbetrieben. "Man sollte einfach fragen. Das klappt meistens."
Wer nicht warten will oder keinen Garten hat, kann auch sogenannte Fertigkulturen kaufen - kleine Behälter also, deren Untergrund schon fest mit Pilzgewebe durchwachsen ist. "Diese Kulturen kann man auch in der Wohnung oder dem Balkon aufstellen und zur Fruchtkörperbildung bringen", sagt Pilzexperte Dieter Honstraß. Neben den genannten bekannten Pilzarten würden auch unbekanntere Arten wie der Südliche Schüppling oder der Winterpilz sowie der ansonsten für Laien schwer zu züchtende Champignon als Fertigkulturen angeboten. (dapd)