Göttingen. Gerade für die Kurzstrecke ist das Fahrrad eine umweltfreundliche Alternative zum Auto. Jedenfalls bei weniger winterlichen Wetterverhältnissen als sie derzeit in Deutschland herrschen. Doch vielen ist das Getrampel zu anstrengend. In diesem Fall kann ein Elektrorad die Lösung sein.
Manche Fahrradgattung kommt nie aus ihrer Nische heraus. Das Liegerad ist so ein Beispiel. «Pedelecs dagegen sind drauf und dran, zum neuen Trend zu werden», beobachtet Gunnar Fehlaulm vom pressedienst-fahrrad in Göttingen. Die Vehikel mit dem komischen Namen sind Fahrräder mit Unterstützungsmotor.
Auch ohne den Motor einsetzbar
Beim Pedelec («Pedal Electric Vehicle») wirkt der Zusatzantrieb, wenn der Fahrer in die Pedale tritt, je nach Modell und Fahrmodus unterschiedlich stark. Ein Pedelec ist also auch ganz ohne Motoreinsatz fahrbar. Fahrrad-Fachmann Fehlaulm schwärmt: «Im ländlichen Raum machen Pedelecs Fahrradfahren für viele erstmals attraktiv, in den Städten sind sie die Wahl all jener, die sich intelligenter Technik und sinnvollen, individuellen Mobilitätsalternativen gegenüber aufgeschlossen zeigen.» Allerdings sollte man einiges über die besonderen Zweiräder wissen, bevor man sie kauft.
Was bei der Digitalkamera die Megapixel-Zahl und beim Auto der Durchschnittsverbrauch, ist beim Pedelec die Reichweite - deutlich überschätzt. «Moderne Lithium-Ionen-Akkus bieten reichlich Strom; wer clever beschleunigt und richtig schaltet, der kann selbst in hügeligen Regionen über 50 Kilometer mit einer Ladung fahren», versichert Kurt Schär von Biketec, dem schweizerischen Anbieter des «Flyer» (flyer.ch).
«Man muss die tatsächlichen Nutzungsgewohnheiten betrachten. In der Realität geht es um Wege von zwei bis fünf Kilometern, die täglich zurückgelegt werden, nicht um 80-Kilometer-Touren in bergigem Gelände», ergänzt Mario Moeschler, Marketing-Chef des Fahrradherstellers Winora.
Qualität beginnt bei 1.500 Euro
Aus Asien, wo das Pedelec längst seinen Siegeszug angetreten hat, stammen die meisten billigen Importe für einige Hundert Euro, die hierzulande im Baumarkt stehen. Ihre Qualität sorgt jedoch nach Meinung von Fachleuten für wenig und zudem kurzen Fahrspaß: «Das geht los bei primitivsten, rostanfälligen Bremsanlagen und betrifft selbstverständlich auch Akku, Motor und Elektronik», kritisiert Moeschler. «Markenübergreifend kann man sagen, dass Pedelecs unter 1.500 Euro für den intensiven Nutzer keine gute Wahl sind», ergänzt Kurt Schär.
«Von gesetzlichen Regelungen sind Radfahrer weitgehend verschont, solange sie ordnungsgemäß, mit Licht und Klingel, unterwegs sind», skizziert Gunnar Fehlaulm den juristischen Bewegungsraum für das Fahren mit menschlicher Energie. Bei Pedelecs sehe das anders aus.
«Modelle, die eine Geschwindigkeit von mehr als 25 Stundenkilometern erreichen können, sind versicherungspflichtig und müssen mit einem Mofakennzeichen versehen werden», stellt Fehlaulm klar. Das höre sich kompliziert an, habe aber auch Vorteile, meint er: «Zum einen gilt für Pedelecs - auch schnelle - keine Helmpflicht, zum anderen lässt sich die Mofa-Haftpflicht - 50 Euro im Jahr - zu einer Kaskoversicherung mit Diebstahlschutz erweitern.» Das koste rund 50 Euro extra im Jahr und sei bei einem Fahrzeugwert um 2.500 Euro wohl eine sinnvolle Investition.
Akku sollte sich leicht entnehmen lassen
Autofahrer philosophieren gerne darüber, und auch bei Pedelecs ist es von Bedeutung, wo der Motor sitzt und welches Rad er antreibt. Der Standort entscheidet maßgeblich über die Fahreigenschaften. Doch wie bei Autos gehen da die Meinungen der Hersteller wie Käufer auseinander. Mal wird die Antriebsquelle als Vorderradnabenmotor ausgelegt, mal als Mittelmotor oder der Motor sitzt in der Hinterradnabe.
Für welche Lösung man sich entscheidet, hängt vom Modell und den individuellen Mobilitätsbedürfnissen ab, mal sportlicher, mal komfortabler. Wie auch immer, «achten Sie darauf, dass sich der Akku zum Laden leicht vom Pedelec entnehmen lässt», legt Fachmann Fehlaulm als praxisorientierten Ratschlag Kaufinteressierten ans Herz. (ddp)