Berlin. Eine neue Studie der Regierung legt interessante Zahlen offen: In der Gruppe der 14- bis 24-jährigen finden sich die meisten Betroffenen. Bei den Mädchen ist vor allem die Nutzung sozialer Netzwerke problematisch. Bei Jungs sind es Spiele.
Rund 560.000 Deutsche sind nach einer Studie internetsüchtig. Der vom Bundesgesundheitsministerium geförderten Untersuchung zufolge sind ein Prozent der 14- und 64-Jährigen abhängig vom Surfen oder Spielen im Netz, wie die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP), am Montag in Berlin mitteilte. 4,6 Prozent der Menschen in dieser Altersgruppe - oder 2,5 Millionen Deutsche - würden mit Blick auf ihr Verhalten als "problematische Internetnutzer" betrachtet. Das sind etwa so viele Menschen, wie hierzulande Cannabis konsumieren. Problematisch ist vor allem das Suchtverhalten Jugendlicher: Vier Prozent von ihnen können sich nicht freiwillig vom Netz lösen. Dyckmans kündigte an, Computer- und Onlinesucht vor allem unter Jüngeren im nächsten Jahr zu einem Arbeits-Schwerpunkt zu machen.
Betroffene verlieren die Kontrolle über ihre Zeit
Mit Experten wolle sie klären, ob die Suchtgefahr von Computerspielen eine Rolle bei der Alterseinstufung spielen könne und ob besonders gefährliche Spiele erst für Ältere freigegeben werden sollten, erklärte Dyckmans. Der von den Universitäten in Lübeck und Greifswald organisierten Studie mit dem Titel "Prävalenz der Internetabhängigkeit (PINTA I) zufolge ist Internetsucht in der Altersgruppe der 14- bis 24-Jährigen am weitesten verbreitet. Dort betrifft sie 2,4 Prozent. 13,6 Prozent legen zudem einen problematischen Konsum an den Tag.
Auffällig ist den Angaben zufolge, dass in der jüngsten Altersgruppe der 14- bis 16-Jährigen deutlich mehr Mädchen als Jungen internetsüchtig sind (4,9 zu 3,1 Prozent). Das sei überwiegend die Folge des exzessiven Nutzens von sozialen Netzwerken, die 77,1 Prozent der auffälligen Mädchen nutzen. Onlinespiele, wie sie bei den gleichaltrigen süchtigen Jungen in einem Drittel der Fälle (33,6 Prozent) ausschlaggebend sind, spielen bei ihnen eine geringe Rolle. Nur 7,2 Prozent der internetabhängigen Mädchen in dieser Altergruppe spielen sie.
Folgestudie über Diagnosen
In der Untersuchung wird das nicht klar umrissene Phänomen Internetsucht den Angaben zufolge als eine Kombination verschiedener Verhaltensauffälligkeiten definiert. Dazu zählt, dass die Betroffenen die Kontrolle über die Zeitspannen verlieren, die sie im Internet verbringen, Entzugserscheinungen zeigen, das Netz als Flucht vor realen negativen Gefühlen benutzen und auch Nachteile in Kauf nehmen, etwa durch Fehlzeiten in Schule oder am Arbeitsplatz.
Dyckmans betonte, sie werde sich auch der Frage widmen, wie standardisierte Verfahren zur Diagnose und bessere Behandlungsmöglichkeiten geschaffen werden könnten. Das Gesundheitsministerium habe bereits eine Folgestudie in Auftrag gegeben, um detailliertere Daten über Verbreitung und Erkennungsmöglichkeiten zu sammeln. (afp)