Hattenheim/Hongkong. Asiaten lieben beim Essen eine Vielzahl von Aromen: Jeder Bissen erfüllt den Gaumen mit einem unglaublichen Aromenpotpourri. Das kann es schwierig machen, den passenden Wein dazu zu finden. Aber unmöglich ist es nicht - wenn man ein paar Tipps beachtet.

Einen Riesling oder Spätburgunder
zu Dim Sum, Bulgogi oder Sushi - die Liaison von fernöstlichen Aromen
und westlich geprägten Weinen scheint gewagt. Aber sie passt, darin
sind sich asiatische Weinexperten einig. In Metropolen wie Hongkong,
Shanghai, Peking, Tokio oder Seoul ist immer mehr Wein zum Essen
gefragt. Kein einfaches Unterfangen, zu den vielfältigen und teils
konträren Aromen auf den Tellern einen passenden Begleiter zu finden.
Einige Grundsätze erleichtern die Wahl aber.

Für Chinesen muss ein Essen abwechslungsreich sein. «Ein einzelner
Teller pro Person mit nur einem Hauptgericht und zwei Beilagen kommt
den Menschen in China eher langweilig vor», erzählt Joanna Zhang. Die
gebürtige Shanghai-Chinesin studierte in Deutschland Weinbau und
arbeitet derzeit in einem Weingut im hessischen Hattenheim. Was
Chinesen lieb ist, gilt ebenso für Koreaner, Japaner oder Thailänder.

Asiaten trinken Tee, Bier oder Softgetränke zum Essen

Ein typisches Familienessen besteht in diesen Ländern aus Reis mit
sechs bis acht verschiedenen Gerichten. Immer dabei ist eine Speise
mit Gemüse, Meeresfrüchten, Fisch oder Fleisch, eine Suppe und eine
breite Auswahl an kleinen würzigen Begleitern wie Soßen zum Dippen
und eingelegtes Gemüse. Jeder Bissen erfüllt den Gaumen mit einem
unglaublichen Aromenpotpourri.

Üblicherweise trinken Asiaten dazu Tee, Bier oder Softgetränke.
«Dabei suchen sie ihre Getränke nicht danach aus, was am besten zu
den zahlreichen Gerichten auf dem Tisch passt», erklärt Jeannie Cho
Lee. Die Koreanerin, die in Hongkong lebt, ist Trägerin des Titels
Master of Wine des gleichnamigen Instituts in London und Buchautorin.

Vor allem in Hongkong sind Weine aus kühleren Regionen wie
Burgund, Deutschland, Österreich und Norditalien immer mehr gefragt,
beobachtet Lee. Sie selbst schätzt Weine aus Deutschland, die über
Leichtigkeit und Lebendigkeit, gepaart mit frischer knackiger Säure,
verfügen. Diese Weine seien perfekt zu vielen asiatischen Gerichten:
«Ihre solide Säure fügt den Gerichten etwas Erfrischendes hinzu und
besteht auch neben scharfen oder vergorenen Aromen.»

Wein sollte Harmonie der
Aromen bewahren

Angesichts der asiatischen Essensgewohnheiten halten es Lee und
Zhang für unmöglich, zu jedem Gericht einen passenden Wein zu finden.
Eine perfekte Begleitung sei gegeben, wenn der Wein die Harmonie der
Aromen bewahre, erklärt Lee. Von der Regel, den leichteren immer vor
einem körperreichen Wein zu servieren, rät sie ab: «Lassen Sie das
Essen bestimmen. Wenn nötig, wird Rotwein vor Weißwein getrunken.»

«Bei zu viel Tannin bekommt Sushi einen metallischen Beigeschmack», erklärt Hideki Asano, japanischer Weinbauer aus dem rheinhessischen Nierstein.
«Bei zu viel Tannin bekommt Sushi einen metallischen Beigeschmack», erklärt Hideki Asano, japanischer Weinbauer aus dem rheinhessischen Nierstein. © Unbekannt | Unbekannt

Für Debra Meiburg aus Hongkong, ebenfalls Master of Wine, sind die
zahlreichen Würzsoßen zum Kochen und zum Dippen der Schlüssel für die
Weinwahl. Kein Koch und keine Köchin kommt ohne diese süßen,
süß-sauren bis höllisch scharfen Tunken aus. Die Palette reicht von
Soja-, Chili-, Bohnen- über Austern-, Hoisin-, XO- bis zu Fischsoße.

Am bekanntesten ist im Ausland die in Hongkong angebotene
kantonesische Küche. Sie kommt dem westlichen Gaumen entgegen, da
ihre Speisen nicht sehr scharf sind. Zu den typischen, mit allerlei
Exotischem gefüllten, Dim Sum genannten Teigtaschen, bei denen
Frittiertes und Gedämpftes gleichzeitig auf den Tisch kommt,
empfiehlt Lee einen trockenen oder halbtrockenen Riesling: «Sein
hoher Fruchtsäuregehalt gleicht jegliche Fettnote bei den gebratenen
Speisen aus, während er die Zitrus- und delikaten Aromen der
gedämpften Speisen hervorhebt.»

Riesling zu Wok-Gerichten

Auch zu frischem Gemüse oder Fisch aus dem Wok ist für Lee ein
leichter, spritziger Riesling mit anregender Fruchtsäure die beste
Wahl. Serviert dagegen Spitzenkoch Ronald Shao vom renommierten
Hongkong Jockey Club in Fett ausgebackene Entenbrust mit einer
Pecannuss-Kruste, dann ist die beste Option ein Pinot Noir, sprich
Spätburgunder. Bei in süßlicher Sojasoße marinierten Fleischgerichten
empfehlen Lee und Meiburg einen körperreichen Rotwein mit saftiger
Frucht und kräftiger Gerbsäure. Zu gebratener Ente kann es ein
gehaltvoller Spätburgunder und zu gegrillten Schweinerippen ein
Dornfelder oder Lemberger sein.

Bei stark gewürztem Essen, wie es Koreaner mögen, sollte der
begleitende Wein die Schärfe etwas dämpfen, erklärt Meiburg. Kimchi,
eine typische koreanische Beilage, ist ein mit viel Chili vergorenes
Gemüse, meist Chinakohl. Ein Feuerwerk an Röstaromen und Schärfe
bietet das beliebte Bulgogi, für das stäbchengerecht zerteilte und
süßlich marinierte Fleischstücke am Tisch über Holzkohle gegrillt
werden. Je nach Vorliebe mit Sesamöl, Chilipaste, Kimchi, Knoblauch
oder anderen Zutaten in ein Salatblatt eingerollt, schiebt man sie
einfach in den Mund. Dazu passe ein fruchtiger Roter perfekt, so Lee.

Gwürztraminer zum Thai-Curry

Der Knackpunkt beim japanischen Sashimi oder Sushi sind die dazu
gereichte Sojasoße und der Wasabi. Der salzigen Soße und der scharfen
Würze des japanischen Meerrettichs kann nur ein Wein mit moderatem
Alkoholgehalt standhalten. Das schafft nach Ansicht von Hideki Asano
ein leichter Weißburgunder, ein halbtrockener Riesling oder ein
Spätburgunder mit wenig Gerbsäure. «Bei zu viel Tannin bekommt Sushi
einen metallischen Beigeschmack», erklärt der Japaner, der im
rheinhessischen Nierstein seinen eigenen Wein anbaut. Auch Sekt könne
es mit Sojasoße und Wasabi aufnehmen.

Intensiv mit Chili, Ingwer, Tamarinde, Galgant oder Zitronengras
gewürzte Thai-Currys vertragen als Begleiter einen Wein mit Restsüße.
Lee empfiehlt bei deutschen Weinen eine Scheurebe oder einen
Gewürztraminer. Basiert die Soße auf Kokosmilch, kann es auch ein
Riesling mit zartem Schmelz sein - halbtrocken oder eine Spätlese.
Bei Tofu-Gerichten verzichtet man besser auf tanninhaltige Rotweine.
Denn durch die Gerbsäure fällt das Eiweiß aus. Der Wein sollte der
samtigen Textur des Bohnenquarks entsprechen, rät Lee. (dpa)