Essen/Recklinghausen. Pöbeln, beleidigen, drohen: Wer auf Facebook rassistische oder volksverhetzende Kommentare postet, muss mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.
Facebook ist ein Tummelplatz für rassistische und fremdenfeindliche Kommentare geworden. In Anti-Flüchtlingsgruppen versammeln sich User, die gegen die Menschen in Not hetzen. Von "Flüchtlinge raus und Grenzen zu" ist da die Rede, Nachrichten von Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte werden mit einem "perfekt, weiter so!" kommentiert. Offenbar fühlen sich manche Menschen durch die vermeintliche Anonymität im Internet ermutigt, Ansichten zu äußern, die im realen Leben tabu wären. Doch das kann strafrechtliche Konsequenzen haben, wie Anwältin Barbara Rudnick aus Recklinghausen erklärt.
Auch im Internet drohen Geld- und Haftstrafen Hass-Kommentare
Die Expertin für IT-Recht und Gewerblichen Rechtsschutz betont, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sei: "Wenn Inhalte rassistisch sind oder zu Gewalt aufgerufen wird, drohen Geld- und Haftstrafen." Das kommt natürlich immer auf den Einzelfall an und wie oft ein User mit seinem Verhalten in Erscheinung tritt. Eine Beleidigung kann beispielsweise mit einer Geldstrafe geahndet werden, wer sich öffentlich zu einem Anschlag auf ein Flüchtlingsheim verabredet, kann dafür auch ins Gefängnis gehen.
Prominentestes Hetz-Beispiel aus der vergangenen Woche ist der Post eines 26-jährigen Berliners. In der Gruppe "Berlin wehrt sich" verhöhnte er den Tod des dreijährigen Aylan aus Syrien, der auf der Flucht ertrunken war. Der User kommentierte: "Wir TRAUERN NICHT sondern wir FEIERN ES! Nur ein Flüchtling, ein Flüchtling ist zu wenig: Das Meer hat schon mehr Flüchtlinge geschluckt." Ermittler durchsuchten daraufhin seine Wohnung in Berlin-Hellersdorf, stellten Computer und Handys sicher. Das Landeskriminalamt wurde eingeschaltet, ermittelt wegen Volksverhetzung und Verunglimpfung des Andenks Verstorbener.
Hass-Kommentare auf Facebook können teuer werden
Auch andere Facebook-Nutzer wurden schon für ihre Hass-Tiraden zur Verantwortung gezogen. Ende Juli wurde zum Beispiel ein 25-Jähriger aus Bayern zu einer Geldstrafe von 7500 Euro verurteilt. In der Gruppe "Spotted Pocking", die zu Sachspenden für ankommende Flüchtlinge aufgerufen hatte, wetterte er gegen ein Asylbewerberheim. Damals schrieb er: "I hätt nu a Gasflasche und a Handgranate rumliegen für des Gfrast. Lieferung frei Haus."
Ein 34-jähriger Berliner musste ebenfalls für seine Angriffe auf ethnische Minderheiten via Facebook bezahlen. Im Dezember 2014 hatte er mehrere Facebook-Kommentare veröffentlicht, in denen er gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Köpenick hetzte, Straftaten erfand, die die Flüchtlinge begangen haben sollen und sogar Erschießungen und Gaskammern forderte. Ende August wurde er deswegen zu einer Geldstrafe von 4800 Euro verurteilt - alternativ drohen ihm 120 Tage Gefängnis.
Wer Opfer oder Zeuge von rassistischer Hetzjagd im Internet wird, sollte das bei der Polizei melden, rät Rudnick. "Der Anzeigen-Link der Polizeidienststelle NRW bietet dafür einen guten Service. Das ist komfortabler und geht schneller als bei der örtlichen Wache." Am besten sollten auch Screenshots und Links beigefügt werden. Denn: "Wenn Kommentare auf Facebook gemeldet und schließlich von der Seite gelöscht werden, gibt es keinen Beweis mehr", sagt Rudnick.
Facebook-Etiquette verbietet Hassbotschaften - theoretisch Medienrecht
Einen "respektvollen Umgang fördern" - dazu hat sich Facebook selbst in seinen Gemeinschaftsstandards verpflichtet. Konkret heißt es da: "Facebook entfernt sämtliche Hassbotschaften, d.h. Inhalte, die Personen aufgrund der folgenden Eigenschaften direkt angreifen: Rasse, Ethnizität, nationale Herkunft, religiöse Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung, Geschlecht bzw. geschlechtliche Identität oder schwere Behinderungen oder Krankheiten." Wer Hass gegen diese geschützten Gruppen schüre, sei "nicht zulässig".
Der Knackpunkt: Facebook vertraut darauf, dass die User entsprechende Inhalte melden. Frei nach dem Motto: "Wo kein Kläger, da kein Richter." Doch auch wenn Beiträge mit rechtsextremistischen Gedankengut gemeldet werden, hat das nicht automatisch eine Sperrung zur Folge - das hat unser Selbsttest Ende August ernüchternd gezeigt.
Facebook weiß laut Medienberichten zwar um seine "frustrierende" Löschpraxis. Das hinge damit zusammen, dass nicht deutsche Mitarbeiter, sondern Angestellte aus dem Ausland für das Löschen von rassistischen Inhalten zuständig seien. Diese suchten allerdings nicht gezielt nach fremdenfeindlichen Einträgen. Die Unternehmenspolitik hat wohl noch einen langen und brisanten Weg vor sich.