Essen. Auch in NRW müssen sich Krankenhaus-Patienten auf Ärzte-Streiks einstellen. An 79 kommunalen Kliniken könnten Ärzte ab 26. Januar in den Ausstand treten. Bestreikt werden sollen einzelne Krankenhäuser u.a. in Dortmund, Bochum, Essen, Duisburg, Düsseldorf und Arnsberg.
Nachdem auch die vierte Verhandlungsrunde im Tarifstreit über Bezahlung und Arbeitsbedingungen von Ärzten kommunaler Krankenhäuser Ende November 2011 ohne Ergebnis blieb, kündigt die Ärztegewerkschaft Marburger Bund noch für diesen Monat Streiks an. Ab 26. Januar sollen Klinikärzte bundesweit in den Ausstand treten. Auf einer jetzt veröffentlichten Urabstimmung hatten sich 92,7 Prozent der Mitglieder dafür ausgesprochen.
Vor allem in NRW dürften viele Kliniken betroffen sein. Laut Marburger Bund sind zwischen Rhein und Weser 30.000 der bundesweit etwa 45.000 bis 50.000 Ärzte kommunaler Kliniken beschäftigt. 70 bis 80 Prozent von ihnen sind gewerkschaftlich organisiert, sagt Michael Helmkamp, Sprecher des Marburger Bunds in NRW: "Die Streikbereitschaft ist hoch".
Ärztestreik unter anderem an Krankenhäusern in Essen, Dortmund, Düsseldorf und Duisburg
Nur sechs der insgesamt 85 kommunalen Krankenhäuser in NRW sollen von Streiks verschont bleiben. Was genau und wo geplant wird, soll diesen Donnerstag entschieden werden, bei einem landesweiten Ärztesprecher-Treffen in Köln, teilt der Marburger Bund mit. Insgesamt gibt es in NRW 404 Krankenhäuser.
Im Fokus der Ärztegewerkschaft sind besonders Krankenhäuser der Landschaftsverbände Rheinland bzw. Westfalen in Essen, Dortmund oder am Niederrhein bzw. in Bochum, Herten, Gelsenkirchen oder Dortmund. Bestreikt werden könnten zudem die städtischen Krankenhäuser in Arnsberg, Duisburg und Köln und Kliniken mit Beteiligungen privater Unternehmen, darunter die Sana-Kliniken in Düsseldorf und Remscheid.
In den vom Marburger Bund genannten Kliniken konzentriert man sich bereits darauf, die Streik-Folgen so gering wie möglich halten zu können: „Als Haus der Maximalversorgung sind wir uns der besonderen Verantwortung unseres überregionalen Versorgungsauftrages bewusst“, sagt eine Sprecherin des Klinikums Duisburg, wo 200 Ärzte beschäftigt sind. Und eine Sprecherin des Krankenhausbetreibers Sana AG erklärte auf Anfrage: „Wir werden Vereinbarungen treffen, wie während des Streiks die medizinische Versorgung gewährleistet bleibt“.
Arbeitgeber hoffen auf Tarifeinigung ohne Streik
Bei der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber (VKA), mit dem der Marburger Bund einen neuen Tarif ausfechtet, hofft man unterdessen, einen Arbeitskampf noch abwenden zu können: „Wir wollen ein Tarifergebnis ohne Streik. Dies ist auch nach der Urabstimmung noch möglich und hierzu fordern wir den Marburger Bund auf“, glaubt VKA-Hauptgeschäftsführer Manfred Hoffmann. Beim Marburger Bund heißt es schlicht: „Auch wir sind gesprächsbereit“.
Noch allerdings liegen die Verhandlungspositionen deutlich auseinander: Eine bessere Planung von Bereitschaftsdiensten und sechs Prozent mehr Gehalt innerhalb der kommenden 16 Monate fordert der Marburger Bund. Bei der Krankenhausgesellschaft NRW hält man das für „utopisch“, wie Sprecher Lothar Kratz erklärt. Die öffentlichen Arbeitgeber haben den Ärzten bisher 1,1 Prozent Lohnsteigerung angeboten. Zudem verweist man auf die „äußerst schwierige wirtschaftliche Situation der Kliniken“. Jörg Kühn, Sprecher des Klinikums Dortmund gGmbH ergänzt: "Die Kliniken bekommen definitiv über die Krankenkassen nur ein Mehr für Personalkostensteigerung von 1,48 Prozent. Das ist gesetzlich so festgelegt und politisch so gewollt. Wenn wir eine höhere Personalkostensteigerung haben, müssen wir dies an anderer Stelle einsparen." Sein Fazit: "Eine Erfüllung der Gehaltsteigerung in der geforderten Höhe würde uns erheblich finanzielle Schwierigkeiten bescheren."
Marburger Bund sichert zu, die Notfallversorgung bleibt beim Streik gewährleistet
Der Marburger Bund verweist dagegen auf Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums. Demnach hatten die Kliniken im vergangenen Jahr ein Plus von 4,2 Prozent bei den Erlösen eingefahren. Das gebe Luft, um auch Bereitschaftsdienste endlich besser zu bezahlen. Die Ärztegewerkschaft fordert zwischen 29 und 42 Euro Stundenverdienst. Sprecher Michael Helmkamp: „Jeder Schlüsseldienst kostet mehr Geld“.
Patienten müssten sich bei den anstehenden Streiks jedoch keine Sorgen um ihre medizinische Versorgung machen, sagte Helmkamp. „Wir bieten den Kliniken jetzt Notdienstvereinbarungen an“. Wie schon beim vorangegangenen Arbeitskampf an kommunalen Kliniken im Jahr 2010 soll an den Kliniken während des Streiks die Versorgung auf Wochenendniveau gedrosselt werden. „Die Notfallversorgung wird gewährleistet“.