Leipzig. Die Firma Verbio in Zörbig in Sachsen-Anhalt verarbeitet Getreidestroh zu Biogas. Der Vorteil: Für den neuen Biokraftstoff werden keine Nahrungsmittel-Rohstoffe benötigt. 2010 erhielt das Unternehmen den Biogas-Innovationspreis. Rund 20.000 Tonnen Stroh jährlich kann der Betrieb verarbeiten.
Rumpelstilzchen konnte Gold daraus spinnen, andere dreschen es gewaltig und so mancher greift auf Rettung hoffend nach dem letzten Halm: Stroh ist vielseitig verwendbar. Darauf setzt auch die Firma Verbio in Zörbig in Sachsen-Anhalt. Der Hersteller von Biokraftstoff hat am Freitag eine neuartige Anlage zur Strohverarbeitung für die Biogas-Produktion offiziell eingeweiht - laut Unternehmen die weltweit erste industrielle Anlage dieser Art. Die 2006 gegründete Vereinigte BioEnergie AG (Verbio), die ihren Verwaltungssitz in Leipzig hat, produziert neben Biogas auch Bioethanol und Biodiesel. In Zörbig wird seit 2010 Biogas produziert.
Die neuartige, im eigenen Haus ausgetüfftelte Anlage zur Strohverarbeitung wurde in eine bereits bestehende Biogas-Anlage integriert. Dort wird aus der sogenannten Schlempe, einem Abfallprodukt der Bioethanol-Produktion, Biomethan hergestellt. Das Getreidestroh wird nun, nachdem es zerhäckselt und pulverisiert wurde, in den selben Behälter gepumpt wie die Schlempe. Die Biomasse wird dort in rund 30 Tagen mit Hilfe von Bakterien zu Biogas vergoren, das anschließend von Schwefel und Kohlenstoffdioxid gereinigt wird. Heraus kommt Biomethan, das ins Erdgasnetz eingespeist und als Biokraftstoff der sogenannten zweiten Generation an Erdgas-Tankstellen in Deutschland angeboten wird. Für diese Entwicklung erhielt Verbio 2010 den Biogas-Innovationspreis der Deutschen Energie-Agentur (Dena).
Keine Nahrungsmittel-Rohstoffe
"Pro Jahr können künftig rund 20.000 Tonnen Stroh verarbeitet werden", sagt ein Unternehmenssprecher. Derzeit läuft die Strohanlage in Zörbig allerdings noch nicht mit voller Kraft. Biokraftstoffe auf der Basis von Rapsöl, Getreide oder Zuckerrüben sind seit längerem in der Kritik. Die Produktion beanspruche zunehmend Ackerland, das für die Nahrungsproduktion gebraucht werde, meinen Kritiker. Dies treibe die Bodenpreise hoch und verteuere Lebensmittel. Verbio geht nun mit der Strohverarbeitung neue Wege. Dabei werde "komplett" auf den Einsatz von Nahrungsmittel-Rohstoffen verzichtet, erklärte Vorstandschef Claus Sauter. Zudem würden die Kohlendioxid-Emissionen im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen um bis zu 90 Prozent verringert. Perspektivisch will das Unternehmen solche Strohanlagen auch andernorts errichten.
Nach einer Erhebung des Deutschen Biomasse-Forschungszentrums (DBFZ) Leipzig könnte immerhin rund ein Viertel des jährlichen Gesamtaufkommens an Stroh für die Herstellung von Bioenergie genutzt werden. Das entspricht etwa acht Millionen bis 13 Millionen Tonnen - und damit dem Bedarf von vier Millionen Autos pro Jahr. Bisher wird der Großteil des Strohs auf den Äckern untergepflügt, im Gartenbau und in der Tierhaltung verwendet. Auch andere Agrar-Reststoffe wie Gülle und Mist könnten künftig in der Biogas-Produktion eingesetzt werden. (afp)