Ruhrgebiet.. Die Mieten stiegen um 3,2 Prozent. Eigentumswohnungen legten deutlicher zu. Essen-Bredeney ist das teuerste, Bottrop-Ebel das günstigste Pflaster.
Das Wohnen im Ruhrgebiet ist ein bisschen teurer geworden im vergangenen Jahr. Der Anstieg der Mietpreise betrug nach Zahlen des Immobilienverbands Deutschland West (IVD) 3,2 Prozent. Das liegt zwar über der Inflationsrate, ist aber geringer als die Steigerung im Vorjahr (3,5 Prozent). „Es gibt keinen Preisboom wie an der Rheinschiene“, ordnet Axel Quester ein, stellvertretender Vorsitzender des IVD West und Makler in Duisburg. Aber natürlich gibt es große Unterschiede.
Während Mülheim und Gladbeck, Herne und Hattingen stagnierten, stiegen in Bochum und Dortmund die Mietpreise im mittleren Segment um vier Prozent. Im Bestand von Bottrop und Oberhausen gab es keine Bewegung, allerdings werden hier bei Neubauten nun um 7 bis 10 Prozent höhere Preise aufgerufen. Überall scheint die Nachfrage nach Wohnungen mit gehobener und höchster Ausstattung zuzunehmen; dazu zählt aber sicher auch seniorengerechtes Wohnen.
In Gelsenkirchen stiegen die Preise überraschend in der mittleren Kategorie um 10 Prozent. „Wir kommen hier von einem sehr niedrigen Niveau“, sagt Makler Detlef van der Meulen aus Essen. „Wahrscheinlich gab es einen jahrelangen Sanierungsstau, gleichzeitig ziehen nun Leute zu.“
Die Preise für Eigentumswohnungen haben überall angezogen, in Dortmund etwa sind in allen Lagen Anstiege zwischen fünf und neun Prozent zu verzeichnen. Bei Eigenheimen blieben die Preise stabil mit Steigerungen von allenfalls zwei Prozent. „Was fehlt in allen Städten, sind Kapitalanlagemöglichkeiten“, sagt van der Meulen – also Mehrfamilienhäuser.
Essen-Bredeney – das teuerste Pflaster
Welches ist nun das teuerste Pflaster des Ruhrgebiets? Nach Einschätzung aller befragten Makler: Essen-Bredeney. Der grüne Süden über dem Baldeneysee, Heimat der Krupps, gewachsene Strukturen und eine gute Verkehrsanbindung über die A 52 und zur City – „da machen die Mietpreise den Schritt über die zehn Euro, hin in Richtung elf“, sagt Makler Detlef van der Meulen. Wer kaufen will, darf sich über 4000 Euro und mehr pro Quadratmeter nicht wundern.
Aber natürlich geht es auch in Bredeney deutlich günstiger. Die Preise variieren sehr stark, je nach Lage, Ausstattung und Alter des Hauses – „selbst innerhalb einer Straße“, sagt van der Meulen. Das ist auch der Grund, warum man gerade in der Spitze die Wohnviertel schlecht vergleichen kann.
Auch am Dortmunder Phoenixsee zum Beispiel werden hohe Preise erzielt – Wohnungen für 3650 Euro pro Quadratmeter stehen gerade zum Verkauf, die Villen an seinem Nordufer dürften deutlich mehr gekostet haben. Aber schon in der zweiten Reihe finden wir noch das alte Hörde. Wenn auch hier und da die Kräne herausragen.
Bottrop-Ebel, das günstigste Viertel
Hat sich schon wieder einer von diesen Sattelschleppern festgefahren. Vor, zurück. 16,50 Meter lang, vorn ein holländisches Kennzeichen und hinten ein polnisches, so fuhrwerkt der Laster durch zwei Wohnsträßchen in Bottrop-Ebel. Vor, zurück. Denn die beliebte Lkw-Abkürzung von der Autobahn zum Gewerbegebiet ist dicht. Baustelle. „Da hamse schon das Schild umgefahren und die Mauer angefahren“, sagt Wilfried Kraaß. Er wohnt da.
Kraaß ist so etwas wie der inoffizielle Bürgermeister von Ebel: „Wenn man hier vor 80 Jahren geboren ist und immer noch rumläuft...“ Bezirksvertreter, SPD-Vorsitzender, aktiv in allen Vereinen, und er liebt sein Ebel, wie man einen hässlichen Hund liebt: um so mehr. Und doch: Herr Kraaß, wenn jetzt jemand käme, der nach Ebel ziehen wollte – was sagen Sie dem? „Muss er selbst wissen. Soll bloß hinterher nicht schimpfen.“
Ebel, ein Quadratkilometer Bottrop, im Süden zwischen Emscher und Kanal gelegen, ist das günstigste Wohnviertel im Revier: „Immobilienscout 24“ verzeichnet einen Durchschnittspreis von 4,77 Euro pro Quadratmeter bei Neuvermietungen – einNegativrekord.
Im Kern ist Ebel eine alte Zechensiedlung, die nach der Schließung von Prosper 1 keinen rechten Halt mehr fand. Backsteinhäuser, Riesengärten. Vor Jahren, erzählen die Leute, habe ein Unternehmer mitten in Ebel groß bauen wollen. Eine Straße entstand mit Musterhäusern. Sie sind längst weg, also, verschwunden – nur die Straße liegt weiter da rum. Führt zu nichts.
Ebel ist nicht hässlich, aber von Problemen umstellt. Wer hier lebt, der hört das Hintergrundrauschen der A 42 natürlich nicht mehr. Gemeinerweise aber riechen die Emscher und die zufließende Berne nur manchmal. Dann die vielen Laster, mit großem Tempo in kleinen Straßen oft. Oder vor, zurück.
„Gabi’s Büdchen“ rollt vorbei
Ebel altert zu schnell: Vier Lebensmittelläden, vier Kneipen, drei Metzger – alles vergangen. Das Geschäftszentrum am Hauptbahnhof ist nicht sehr weit weg, aber eben nicht in Ebel. Hier besteht die komplette Geschäftswelt aus einem Kiosk namens „Verkaufshalle“, aus „Gabi’s Büdchen“, einem rollenden Tante-Emma-Laden aus Kirchhellen, der laut klingelnd durch die Straßen fährt, und aus einem Friseur. „Haare gut, alles gut“, steht an seiner Fassade. Friseurs Sicht.
Gepflegte Häuser stehen neben Leerstand. Die ganze Misere, auf einem Vivawest-Verkaufsschild an der Bergbaustraße: Zweifamilienhaus von 1901, 106 qm Wohnfläche, 693 qm Garten – 94 000 Euro. Super! Dann kommen nur noch Haken: Zustand „altersgerecht“, Denkmalschutz „Ja“. Eine Wohnung vermietet, „das Mietverhältnis ist zu übernehmen“. Die Leute zahlen 206 Euro kalt für 59 qm.