Essen.
Eine Traumlandschaft hatte uns unser Guide angekündigt. Doch das, was wir beim Landeanflug auf Almería sehen, ist zunächst ein Plastikmeer. Riesige Gewächshäuser verschandeln die Tiefebene an den Ausläufern der Sierra Nevada. „Wir befinden uns im größten Gemüseanbaugebiet Spaniens. Rund 80 Prozent der Tomaten, Paprika, Auberginen und Melonen kommen aus dieser Gegend“, erklärt uns Kristian Kaplade auf der Fahrt nach Las Negras. Der kleine Fischerort mitten im Naturpark Cabo de Gata ist ein Dorado für Naturliebhaber und Wassersportler. Dem Wunsch nach aktiver Ruhe und Erholung trägt auch das schicke Designhotel Cala Grande Rechnung. Geräumige Zimmer, ein großer Pool- und Spabereich, Mountainbikes und sogar Elektroautos zum Ausleihen.
Die Weite der Landschaft wird uns erst am nächsten Morgen bewusst. Kristian wartet vor dem Hotel. Über die kurvenreichen Straßen des Naturparks fahren wir nach San Jose, wo unsere sechsstündige Strandwanderung startet. Der Wetterbericht hat milde 24 Grad angesagt, doch wir merken schnell, dass die Sonne in Südspanien eine ganz andere Kraft hat. Vom Playa Los Genoveses, einer früheren Piratenbucht, laufen wir durch eine Landschaft, die vor Millionen von Jahren durch Vulkanausbrüche entstanden ist. Herrlich ruhige Badebuchten säumen unseren Weg. An einem bizarr geformten Felsen wird Rast gemacht, Kristian zieht Baguette, Serranoschinken und Oliven aus seinem Rucksack. Seit drei Jahren lebt der gebürtige Essener in Almería und bietet Aktivurlaube an.
Badehose an –rein ins Wasser
Es beginnt der ambitionierte Teil der Wanderung entlang eines felsigen Weges. Als ein kleiner Fjord unseren Weg versperrt, gibt es nur einen Ausweg: Badehose anziehen, ab ins Wasser und am anderen Ufer die Rucksäcke der anderen auffangen. Der Lohn: die spektakulärste Badebucht. Am Playa Monsul mit seinem riesigen Felsblock wurde einst „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ mit Harrison Ford und Sean Connery gedreht. Auf dem Rückweg beobachtet Kristian das Meer. Ein kurzer Anruf bei einem Kumpel, schon gibt’s eine Programmänderung für den nächsten Tag. Keine Kajaktour, „der Wind hat gedreht, wir würden zu weit abtreiben“. Wir machen eine Bootstour entlang des Cabo de Gata.
Tapas-Tour durch Almería
Angesichts der fortgeschrittenen Zeit geht es mit Volldampf zurück nach Isletas. Im Hotel machen wir uns nur kurz frisch, denn nun beginnt der gemütliche Teil: eine abendliche Tapas-Tour durch Almería. Einem Besuch der Alcazaba-Festung hoch über der Stadt folgt der Abstieg in die Unterwelt. Ein Teil des Luftschutzstollen-Systems der Stadt, das während des spanischen Bürgerkriegs 1936 bis 1939 gebaut wurde, ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Wieder an der Oberfläche macht uns Kristian mit einer kulinarischen Errungenschaft vertraut, die es so nur in der Gegend von Almería gibt: Zu jedem alkoholischen Getränk wird kostenlos eine Tapas serviert. Die Ofenkartoffel im „Barea“ an der Caille Granada ist eine Wucht. Im „Casa Puga“ probieren wir Ajuja, eine Art Schwertfisch, im „El quinto toro“ lassen wir mit Albondigas, den feurigen Fleischbällchen, den Abend ausklingen.
Am nächsten Morgen werden die Wasservorräte aufgefüllt. 30 Kilometer nördlich von Almería liegt die Tabernas-Wüste, die einzige ihrer Art in Europa. Inmitten dieser 280 Quadratkilometer großen Steppe befindet sich eine der berühmtesten Westernkulissen. Hier im „Fort Bravo“ spielte Clint Eastwood in „Für eine Handvoll Dollar“, hier steht der berühmte Torbogen von „Spiel mir das Lied vom Tod“. Nach einer kurzen Wanderung glauben wir an eine Fata Morgana: Palmen tauchen vor uns auf – die Kulisse für „Lawrence von Arabien“.
Still und friedlich ruht das Meer, als wir den Abend am Strand von Las Negras ausklingen lassen. Der leichte Ostwind ist ideal für unsere Kajaktour am Abschlusstag. Fasziniert von einer unberührten Landschaft heben wir die Kajaks nach zwei Stunden wieder auf den Trailer, ein letzter Besuch gilt den Minen von Rodalquilar, wo die Engländer bis 1966 Gold geschürft haben.
Zurück in Las Negras, genießen wir für eine Stunde die andalusische Sonne und sinnieren über das, was wir erlebt haben. Es gibt ihn also doch – den individuellen Strandurlaub in Spanien.