Berlin. Müssen Betroffene ihre Kreditschulden für die eigenen vier Wände schneller zurückzahlen, kann es sehr schnell richtig teuer werden. Denn die Extrazinsen für eine vorzeitige Tilgung steigen immer weiter. Verbraucherschützer hoffen jetzt auf ein neues Bundesgesetz, das Kreditnehmer besser schützt.

Die Situation ist für die Betroffenen ohnehin schwierig. Der eine hat seinen Arbeitsplatz verloren, ein anderer muss aus privaten Gründen umziehen. Dann heißt es, die Eigentumswohnung oder das Einfamilienhaus schnell zu verkaufen. Das allein kann schon mühsam sein. Und dann kommt noch die Bank und verlangt eine saftige Gebühr dafür, dass die Kreditschulden vorzeitig zurückgezahlt werden. Die Verbraucherzentralen haben jetzt Hoffnung, dass sich daran bald etwas ändert. Denn im nächsten Jahr dürfte ein Bundesgesetz zu Darlehen für Wohnimmobilien beschlossen werden, um eine neue EU-Richtlinie zu erfüllen.

Es geht um einen klassischen Interessenkonflikt: Zu welchen Bedingungen darf ein Bankkunde früher aus dem Kreditvertrag aussteigen als vereinbart? Unstreitig ist, dass Banken und Sparkassen ein Recht auf Entschädigung haben. "Vom Grundsatz her haben wir nichts dagegen, dass der Schaden ausgeglichen wird - aber nur der Schaden", sagt Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen, der sich seit 20 Jahren mit dem Thema beschäftigt. Der lässt sich aber nicht exakt bestimmen, weil es keine klaren Regeln zur Berechnung gibt.

Extrazinsen sind dramatisch angestiegen

Tatsächlich griffen die Banken ihren Kunden weitaus tiefer in die Taschen als zum Ausgleich ihres Nachteils, stellt der Verbraucherschützer fest. Gottschalks Befund ist für Kreditnehmer bedenklich: Die Extrazinsen bei vorzeitiger Kündigung eines Immobilienkredits sind in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen, von vier Prozent der Restkreditsumme (2007) auf knapp elf Prozent (2013). Diese Werte ergab eine Analyse von mehr als 3400 Fällen in diesem Zeitraum

Immobilienkredite laufen oft 15, manchmal auch 30 Jahre. Nach spätestens 10 Jahren sind sie in Deutschland kündbar. Wer früher heraus will, muss eine Vorfälligkeitsentschädigung berappen. Deren kräftige Steigerung in jüngster Zeit hat auch mit dem Zinsniveau zu tun, das seit Beginn der Finanzkrise immer weiter gesunken ist. Wenn Banken Kreditschulden jetzt zurückbekommen, können sie das Geld kaum mehr lukrativ anlegen oder erneut verleihen.

Es fehlt an Klarheit

Sie möchten daher ungern auf die Zinszahlungen von Kunden verzichten, die sich vor sechs oder sieben Jahren zu deutlich höheren Zinssätzen gebunden haben. Ohne konkret auf die Studie der Verbraucherzentralen einzugehen, verweist die Deutsche Kreditwirtschaft, der Dachverband der Banken und Sparkassen, darauf, dass eine vorzeitige Vertragskündigung "nicht allein zulasten der finanzierenden Kreditinstitute gehen" dürfe, die sich selbst ebenfalls langfristig am Kapitalmarkt refinanziert hätten. Schon heute bestehe die Vorgabe, "dass die Schadensberechnung grundsätzlich nachvollziehbar und damit für den Kunden überprüfbar sein muss".

Das sei sie aber nicht, halten die Verbraucherschützer entgegen. Genau an dieser Klarheit fehle es. Bislang gebe es keine angemessene, transparente und eindeutige Berechnungsweise, kritisiert die VZBV-Finanzexpertin, Dorothea Mohn. So habe die Verbraucherzentrale bei rund 40 Prozent der untersuchten Fälle eine Differenz von mehr als zehn Prozent zwischen den von den Banken geforderten und den als angemessen angesehenen Entschädigungen errechnet. Fazit des VZBV: Es muss ein Deckel drauf, mehr als fünf Prozent der restlichen Kreditsumme dürften nicht aufgeschlagen werden. So soll es der Gesetzgeber festlegen. (dpa)