Essen. Die Angst vor rheumatischen Erkrankungen ist groß, denn sie sind nicht heilbar. Eine rechtzeitige Diagnose und gezieltes Training können aber die Folgen deutlich lindern. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Behandlung ist jedoch der Patient selbst.
Verformte Gelenke, dauerhafte Schmerzen und Entzündungen, künstliche Hüfte – viele haben diese Bilder im Kopf, wenn sie die Diagnose Arthrose hören. Die rheumatische Erkrankung ist nicht heilbar und groß ist die Angst davor, dass irgendwann nichts mehr geht, jede Bewegung schmerzt und ein mobiles und selbstbestimmtes Leben nicht mehr möglich ist.
„Aber diese Angst ist nicht nötig“, sagt Professor Erika Gromnica-Ihle, Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga. „Es gibt heute Maßnahmen, die den Verlauf der Krankheit verlangsamen und die Beweglichkeit lange erhalten können.“ Je früher man die Signale einer beginnenden Arthrose erkenne, desto besser.
Viele Betroffene gehen zu spät zum Arzt
„Aber die meisten Betroffenen gehen erst in die Beratung oder zum Arzt, wenn die Krankheit bereits weit fortgeschritten ist“, sagt Rotraut Schmale-Grede, zweite Vorsitzende der Rheuma-Liga. „Viele sind dann im Ruhestand, wollen ihr Leben genießen und sind überrascht, wenn sie die Diagnose bekommen.“
Dabei zählt Arthrose, also die Funktionsminderung des Knorpels meist in Knie- oder Hüftgelenken, zu den häufigsten Gelenkkrankheiten. Allein in Deutschland leiden etwa fünf Millionen Männer und Frauen daran.
Und: „Arthrose ist heimtückisch, denn die Krankheit besteht schon lange Zeit, ohne Beschwerden zu verursachen“, sagt Gromnica-Ihle. Typisch für eine beginnende Arthrose ist der so genannte Anlaufschmerz. Bei den ersten Schritten nach dem Aufstehen spüren die Betroffenen einen leichten Schmerz oder ein Spannungsgefühl in Knie oder Hüfte oder anderen Gelenken. Nach wenigen Minuten bis zu einer halben Stunde sei der Schmerz vorbei und auch schnell vergessen.
„Solche Warnzeichen sollte man aber ernst nehmen, denn einmal entstandene Knorpeldefekte verschwinden nicht wieder, sondern breiten sich immer weiter aus“, sagt Gromnica-Ihle. Denn wird die Arthrose nicht behandelt, schmerzt das betroffene Gelenk schon nach leichter Belastung wie einem Einkaufsbummel. Wenn Bewegungen schwer fallen, Gelenke anschwellen, die Muskeln um das Gelenk verspannt sind oder das Gelenk bei jeder Bewegung knirscht, können das Anzeichen einer Arthrose sein, die mit einem Arzt abgeklärt werden sollten.
Die wichtigste Rolle bei der Therapie spielt der Patient
„Die Schmerzen können mit Paracetamol oder cortisonfreien Rheumamitteln behandelt werden“, sagt Gromnica-Ihle. Aber die größte Rolle bei der Therapie spielt der Patient selbst, denn nur der kann durch regelmäßiges Training die Muskeln kräftigen, die Beweglichkeit erhalten und so den Verlauf der Krankheit günstig beeinflussen.
Zwar gibt es nicht beeinflussbare Risikofaktoren wie eine familiäre Häufung, die Wechseljahre oder schlicht das Alter. „Doch es gibt auch Faktoren wie Fehlstellungen, zum Beispiel X- oder O-Beine, einseitige Belastung durch stundenlanges Sitzen, zu starke Gelenkbelastungen in bestimmten Berufen und vor allem Übergewicht, gegen die sehr wohl etwas unternommen werden kann“, sagt Gromnica-Ihle. Vor allem Übergewicht muss reduziert werden. „Bei der Arthrose des Kniegelenks gilt als Faustregel: Ein Übergewichtiger, der fünf Prozent Gewicht verliert, erreicht dadurch 20 Prozent weniger Schmerzen und 50 Prozent mehr Beweglichkeit.“
Der Schongang macht es nur noch schlimmer
Umgangssprachlich wird Arthrose auch Gelenkverschleiß genannt. „Und wer an Verschleiß denkt, kommt schnell zu dem Schluss, dass das Schonen das einzig Richtige ist“, sagt Schmale-Grede. Aber das Gegenteil ist der Fall. Denn wird das Gelenk nicht bewegt, beschleunigt sich der Krankheitsprozess des Knorpels, der Verlauf verschlimmert sich.
„Natürlich ist es oft nicht leicht, sich zu bewegen, wenn jede Bewegung schmerzt“, weiß Schmale-Grede. Gut geeignet sind Sportarten ohne Belastung der Gelenke wie Radfahren. Eine gute Möglichkeit ist das so genannte Funktionstraining. Diese speziell für Rheumapatienten entwickelte Trocken- oder Warmwassergymnastik findet in der Gruppe statt. Und: Die Krankenkassen übernehmen die Kosten häufig für einen gewissen Zeitraum.