Barcelona. Während einer Seefahrt muss schon längst niemand mehr befürchten, an Skorbut zu erkranken oder in die Takelage klettern zu müssen. Kreuzfahrten sind echte Luxuserlebnisse. Dazu gehören Cocktails, gutes Essen und Unterhaltungsshows von bekannten Künstlern wie den Darstellern der Blue Men Group.

Auf dem Transfer vom Flughafen nach Barcelona verhaften unsere Augen kurz an dem filigran geformten Torre Telefónica auf dem Montjuïc, wo 1992 die Olympischen Sommerspiele stattfanden. Dann tritt jedoch diese Wucht von einem Schiff in unser Blickfeld. Fast 330 Meter lang, 40 Meter breit, 19 Decks hoch – das ist die Norwegian Epic. Ein schwimmendes Dorf, das an der Moll Adossat vor Anker liegt. Knapp 4000 Passagiere werden auf dem größten Schiff der Norwegian Cruise Line (NCL) für drei Tage das volle Kreuzfahrtprogramm genießen, mehr als 1700 Crew-Mitglieder kümmern sich um ihr Wohl. Soeben ist die Epic aus der Karibik zurückgekehrt, ab 2015 wird Barcelona dann ganzjährig ihr Heimathafen.

340 Automaten – Las Vegas lässt grüßen

„Freestyle Cruising gibt Reisenden die Freiheit, zu tun, wonach ihnen der Sinn steht“, lautet ein Werbeslogan von NCL. Um einen ersten Eindruck zu bekommen, begeben wir uns auf Erkundungstour, die uns auch in den exklusiven Suitenkomplex „The Haven“ mit eigenem Sonnendeck, die Studio Lounge für Alleinreisende sowie in den Fitness- und Spa-Bereich führt, dem 39 Suiten und Kabinen angegliedert sind.

Nach einer Stunde sind wir fast erschlagen von dem Angebot an Gastronomie und Entertainment. Bars, Clubs und zuzahlungspflichtige Spezialitätenrestaurants – da ist wirklich für jeden Geschmack etwas dabei. Dazu eine Glitzerwelt mit 340 Automaten – Las Vegas lässt grüßen. „Zunächst wählen die Leute eine Destination, auf dem Schiff wollen sie unterhalten werden“, rechtfertigt Francis Riley, Vizepräsident und General Manager von NCL, das überbordende Angebot.

Als wir unseren Rundgang beendet haben, bildet sich am Empfang vor dem „Manhattan Room“ bereits eine Schlange. Für diejenigen, die Dinner-Atmosphäre statt Buffet bevorzugen, ist das elegante Abendrestaurant mit seinen Panoramafenstern erste Wahl. Die Karte offeriert internationale Spezialitäten, die meisten Weine kommen aus Übersee. So wie die beiden Pianisten, die sich spätabends im „Headliners Comedy Club“ in Pop- und Rocknummern duellieren und vom bier- und weinseligen Publikum gefeiert werden.

Zwischenstopp in Marseille

Am nächsten Morgen legt die Epic in Marseille an. Kein Wölkchen trübt den Himmel, die Landausflügler haben ihre Rucksäcke geschnürt. Die Hauptstadt der Provence, im vergangenen Jahr Europas Kulturhauptstadt, hat ihr Schmuddel-Image endgültig abgelegt.

Und Südfrankreich steht für kulinarische Vielfalt. Deshalb besuchen wir am Abend das Spezialitätenrestaurant „Le Bistro“. Für eine moderate Zuzahlung von 20 Dollar pro Person genießen wir Köstlichkeiten der Cuisine française wie Coquilles St. Jacques, Bouillabaisse oder Beef Tenderloin mit Rocquefortgratin – und hätten beinahe die Spätvorstellung der Blue Men Group verpasst, die erstmals auf hoher See ihre Musik- und Comedy-Show präsentiert.

Ein paar Stunden Mallorca

Am nächsten Morgen haben wir Zeit für ein ausgiebiges Frühstück im „Taste“. Hier gibt’s kein Buffet wie oben im Garden Café, hier wählt der Gast à la carte. Wer Brötchen mit Marmelade, Wurst oder Käse gewohnt ist, wird indes nicht glücklich. American Breakfast ist angesagt, und zum Omelett mit Cheddar gibt’s die Minirösti.

Als die Epic mittags im Hafen von Palma anlegt, sieht es auf Deck 5 aus wie am Kassenhäuschen vor einem Bundesliga-Spiel des BVB. Hunderte wollen so schnell wie möglich vom Schiff, um ein paar Stunden Mallorca zu erhaschen. Im Aqua Park auf dem Sonnendeck herrscht dennoch Hochbetrieb. Kleine Kinder hüpfen bei 25 Grad durchs Planschbecken, die Eltern entspannen sich im Jacuzzi. Andere wiederum rutschen, was das Zeug hält. Absoluter Renner ist die Epic Plunge. Auf einem bunten Gummireifen stürzt man sich in die Röhre, dreht sich in einer überdimensionalen Salatschüssel und wird in den Sog nach unten gezogen.

Zum Aqua-Park gibt’s allerdings auch Indoor-Alternativen. Im „Splash Academy Youth Center“ auf Deck 14 werden Kids vom Windelalter bis zwölf Jahre altersgerecht betreut. Am anderen Ende des Schiffes liegt der „Entourage“-Bereich für die Teenies. Tischfußball, Wii-Spielzone, Video-Jukebox – und abends dann Disco.

Cocktails in der "Icebar"

Wir haben uns derweil für die Cirque Dreams & Dinner-Show im Spiegelzelt angemeldet. 90 Minuten lang wirbeln Jongleure und Artisten durch die Reihen. Nach dieser quirligen Performance tut eine Abkühlung gut. Also rein in die „Ice Bar“ eines schwedischen Wodka-Herstellers. Vor dem Eintritt in die Gefriertruhe werden wir jedoch erst einmal mit Ponchos und Handschuhen ausstaffiert. Drinnen wuppen die Bässe, der eisige Wikinger wechselt hin und wieder die Farbe und der Barkeeper serviert einen fruchtigen Sunset Dream. 20 Dollar kostet der halbstündige Spaß inklusive zweier Cocktails. Apropos Wikinger: Im Smoking feiern Schweden einen Junggesellenabschied und überzeugen bei der Karaoke in der Bliss Ultra Lounge, die ab 23 Uhr zur Partyzone mutiert.

Die Nacht war viel zu kurz als wir am Sonntag in aller Herrgottsfrüh das Schiff verlassen. Ein kurzer Plausch mit Hoteldirektor Steven Jacobsen, der in weißer Uniform „Adios“ sagt, dann ist unser dreitägiges „Freestyle Cruising“ vorbei. Schade, es wäre da noch einiges, was wir gern ausprobieren würden.