Berlin.. Der AOK-Report hat ergeben, dass in deutschen Kliniken rund 18.800 Menschen durch Behandlungsfehler sterben. Dies sind mehr Todesfälle als im Straßenverkehr. Dabei sind in vielen Fällen Fehler wie Hygienemangel vermeidbar. Der AOK-Vorstandschef Uwe Deh fordert deshalb eine “offene Fehlerkultur“.
Jährlich sterben in deutschen Kliniken rund 18.800 Menschen durch Behandlungsfehler. Das sind etwa fünfmal so viele Todesfälle wie im Straßenverkehr, wie aus dem am Dienstag in Berlin veröffentlichten Krankenhaus-Report der AOK hervorgeht. Jährlich kommt es demnach in rund 188.000 Fällen zu Behandlungsfehlern - das sind ein Prozent der insgesamt rund 18,8 Millionen Behandlungen in Krankenhäusern.
In vielen Fällen seien Fehler vermeidbar, erklärte Max Geraedts, Leiter des Instituts für Gesundheitssystemforschung der Universität Witten/Herdecke und Mitherausgeber des Reports. Als Beispiel nannte er einen Patienten, der eine Medikamentenallergie erleidet, von dieser Allergie wusste, aber vorher nicht dazu befragt wurde.
Fehlerkultur soll etabliert werden
Auch Hygienemängel, die beispielsweise zu entzündeten Operationswunden führen, seien vermeidbar. Einige Krankenhäuser achteten aber nach wie vor nicht auf ausreichende Händedesinfektion, mahnte Geraedts. Jährlich erleiden rund vier Prozent der Patienten eine Krankenhausinfektion, etliche sterben in der Folge.
Die Autoren des Reports forderten die Krankenhäuser auf, eine Fehlerkultur zu etablieren, die Mitarbeiter stärker zu sensibilisieren und Fehlerberichtssysteme zu nutzen. Dies erhöhe nicht nur die Patientensicherheit und vermeide kostenträchtige Komplikationen, erklärte Geraedts. Auch die stark steigenden Schadensersatzansprüche könnten eingedämmt werden.
Gelder müssen stärker an Qualität gekoppelt werden
Auch AOK-Vorstandschef Uwe Deh forderte eine "offene Fehlerkultur". Zugleich müssten Fehlanreize beseitigt werden. Deh erneuerte eine bekannte Forderung der Kassen nach einer stärkeren Spezialisierung der Kliniken. Zudem müsse die Verteilung der Gelder stärker an die Qualität gekoppelt werden. "Viele Krankenhäuser versuchen, sich zu 'kleinen Universitätskliniken' zu entwickeln, die alles anbieten", kritisierte er. Wie gut eine Krankenhausbehandlung sei, hänge allerdings auch mit der Häufigkeit der Eingriffe zusammen.
Bei planbaren Hüftgelenk-Operationen zum Beispiel weist laut Krankenhaus-Report das Fünftel der Kliniken mit den wenigsten Eingriffen im Vergleich zum Fünftel mit den meisten Behandlungen eine um 37 Prozent höhere Rate an Wiederholungsoperationen auf.
Warnung vor Verunsicherung der Patienten
Ähnliches zeigt sich demnach auch bei der Versorgung von Frühchen mit weniger als 1250 Gramm Geburtsgewicht. Danach liegt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Babys sterben, bei Kliniken mit weniger als 15 Fällen pro Jahr um 87 Prozent höher als bei Kliniken, die mehr als 45 Frühchen pro Jahr versorgen.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) warnte angesichts des AOK-Reports vor einer Verunsicherung der Patienten. "Nie hatten wir höhere Sicherheitsstandards in den Kliniken", erklärte Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Die Kassen dürften nicht Maximales fordern und es gleichzeitig ablehnen, für die Mehrkosten zur Erhöhung von Qualität und Patientensicherheit aufzukommen. (AFP)