Berlin . Die Schockwellen des Ukraine-Kriegs reichen bis Deutschland. Er wird viele Folgen haben, von der Ökonomie bis zur Sicherheitspolitik.
- In der Ukraine herrscht Krieg: Putin hat am Donnerstag Russlands Nachbarland angegriffen
- Der Krieg wird unmittelbare Folgen auf die deutsche Wirtschaft und Sicherheitspolitik haben
- Was könnten die Auswirkungen sein? Könnte es sogar eine Rückkehr zur Wehrpflicht geben?
Jahrelang war die so genannte nukleare Teilhabe hoch umstritten. Viele in der SPD und bei den Grünen wollten auf US-Atomwaffen in Deutschland verzichten. Die Position hatten sie schon in den Koalitionsverhandlungen abgeärumt. Nun dürfte sich das Anliegen endgültig erledigt haben, nachdem Russland ein europäisches Nachbarland überfallen hat. Der Ukraine-Krieg wird das politische Koordinatensystem verändern, vor allem in der Sicherheitspolitik. Stellt sich Deutschland neu auf?
Ukraine-Konflikt - Auswirkungen auf Außenpolitik:
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ließ in seinem ersten Statement keinen Zweifel daran, dass Russland mit massiven Wirtschaftssanktionen zu rechnen habe und Deutschland zu seinen Beistandsverpflichtungen in der Nato stehe. Er stimmte die Bürger darauf ein, dass sie einen ökonomischen und in letzter Konsequenz einen militärischen Preis zahlen werden. Denn Beistand bedeutet: Im Fall eines Angriffs auf einen Nato-Partner wie beispielsweise die Staaten des Baltikums würde die Bundeswehr in den Verteidigungskrieg ziehen.
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Bundeswehr:
Das neue Bedrohungsszenario hat für die Bundeswehr Folgen. Die Truppe müsste in den nächsten Jahren massiv aufrüsten. Das haben mehrere Kabinettsmitglieder angekündigt, zuletzt Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne).
Priorität hat die Verbesserung der materiellen Einsatzbereitschaft: Dass vorhandene Waffensysteme tatsächlich funktionieren; die Bundeswehr über längere Zeiträume hinaus, 90 Tage und mehr, agieren kann. Die Durchhaltefähigkeit müsste erhöht werden. Das allein kostet Milliardensummen.
Wie es um die Einsatzbereitschaft steht, hat der Inspekteur des Deutschen Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, im Netzwerk Linkedin deutlich gemacht. Er schrieb, „die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da“. Die Konsequenz: „Die Optionen, die wir der Politik zur Unterstützung des Bündnisses anbieten können, sind extrem limitiert.“
Unter den Neubeschaffungen drängt das Nachfolgesystem für das Kampfflugzeug Tornado – just mit Blick auf die in Deutschland stationierten US-Atomwaffen. „Den Beschaffungs- und Zertifizierungsprozess mit Blick auf die nukleare Teilhabe Deutschlands werden wir sachlich und gewissenhaft begleiten“, heißt es im Koalitionsvertrag. Zweifellos hat die Kernwaffen-Bedrohung neue Aktualität gewonnen.
Jahrelang wurde die Bundeswehr auf Auslandseinsätze getrimmt. Künftig wird endgültig die Bündnis- und Landesverteidigung im Vordergrund stehen. Auch eine Rückkehr zur Wehrpflicht unter den Vorzeichen einer neuen Ost-West-Konfrontation ist nicht ausgeschlossen. Die Diskussion darüber ist ohnehin nie verstummt.
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Flüchtlinge:
Erwartet werden viele Flüchtlinge aus der Ukraine, nach manchen Schätzungen bis zu fünf Millionen Menschen. Es dürfte sie zuerst nach Polen ziehen und dann weiter nach Deutschland, da hierzulande schätzungsweise 130.000 Ukrainer leben. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte „massive“ Hilfen für die Aufnahmeländer an. Auch eine Wiedereröffnung von Erstaufnahmeeinrichtungen wird überlegt.
Energiepreise:
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stimmt seit Tagen die Deutschen auf Lieferausfälle und steigende Preise ein. Beim Erdöl verfügt Deutschland über eine Notreserve, die bis zu 90 Tage reichen würde, beim Gas nicht. Hier müsste man sich auf teurere Lieferungen von Flüssiggas aus Katar und USA verlassen. Ein weiterer Anstieg der Inflation wäre die Folge. Auch eine Eintrübung der Konjunktur ist nicht ausgeschlossen.
Reiseverkehr:
Die Ukraine hat ihren Luftraum aus Sicherheitsgründen für zivile Flugzeuge geschlossen. Dies bedeutet, dass Flüge etwa von Europa nach Fernost einen Umweg fliegen müssen. Viele Jets umfliegen die Ukraine südlich über den Balkan und die Türkei.
Cyberattacken:
Russland wurde schon bisher hinter eine Vielzahl von Cyber-Attacken vermutet, zum Beispiel auf den Bundestag. Da die nun die Zeichen auf Eskalation stehen, kann man davor ausgehen, dass die Angriffe zunehmen werden.
Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen
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