Essen. Rekord: Wer Medizin studieren will, muss zehn Semester auf einen Studienplatz warten. Die ZVS meldet 59.000 Bewerber für 14.000 Studienplätze. Viele Studierwillige versuchen, sich einen Platz vor Gericht zu erstreiten.

Viele Studenten haben von der ZVS eine Absage erhalten. (Foto: Mike Röser)
Viele Studenten haben von der ZVS eine Absage erhalten. (Foto: Mike Röser) © WAZ

Die Wartezeit für einen Studienplatz in Medizin haben einen neuen Rekord erreicht: Zehn Semester muss warten, wer kein Einser-Abi hat. Das Fach gehört zu den Studiengängen, bei denen die Zulassungen über die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) in Dortmund gehen. Die verschickte kürzlich rund 53.500 Ablehnungsbescheide.

Fünf Jahre warten für Psychologie, vier für Zahnmedizin

Insgesamt 59.176 Studierwillige haben sich zum Wintersemester 2008/09 für einen von bundesweit 13.814 Studienplätzen in Biologie (Diplom), Medizin, Pharmazie, Psychologie (Diplom), Tiermedizin oder Zahnmedizin beworben. Die Wartezeiten für einen Teil der betroffenen Studiengänge sind im Vergleich vergangenen Wintersemester erneut gestiegen. „Das ist ein schlimmer Schock für Abiturienten”, sagt ZVS-Sprecher Bernhard Scheer. Auch Psychologie und Tiermedizin haben zehn Wartesemester, Zahnmedizin acht, Biologie vier und Pharmazie zwei.

Wem das zu lange dauert, der wählt nicht selten den Weg zum Rechtsanwalt. „Wenn man nicht vier oder fünf Jahre warten will, ist die einzige realistische Möglichkeit auf einen Studienplatz häufig die Klage”, erklärt Kölner Rechtsanwalt Dr. Christian Birnbaum.

Klagen wird teuer

Die Möglichkeit, eine Hochschule zu verklagen und so zum ersehnten Studienplatz zu gelangen, basiert auf dem Recht der Ausbildungsfreiheit. Hochschulen müssen so viele Studierende aufnehmen, wie sie können. Sind nicht alle Kapazitäten voll ausgeschöpft, müssen die Hochschulen weitere Plätze vergeben. Die werden unter den Klägern ausgelost. Die Erfolgschancen bei einer Klage hängen vom Studiengang ab. Um in Medizin eine 50-prozentige Erfolgschance zu haben, müsste ein Mandant zehn Hochschulen verklagen, nennt Birnbaum ein Beispiel. „Das wird richtig teuer: 15.000 bis 18.000 Euro”, sagt er. „Es gibt aber Rechtsschutzversicherungen, die das zahlen.”

Die Anzahl der Klagen sei in den vergangenen Jahren nahezu unverändert geblieben, sind sich Karsten Herfort, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, und sein Kollege Klaus-Peter Uhlenberg vom Verwaltungsgericht Köln einig. „Wir haben jedes Semester mehrere Hundert solcher Verfahren”, sagt der Vorsitzende Richter Uhlenberg. Die Erfolgschancen einer Studienplatzklage hingen vom Einzelfall ab, betont Herfort.

Letzte Hoffnung Losverfahren

20 Prozent der Plätze vergibt die ZVS nach Wartezeit, 20 Prozent nach Abinote. Der Rest läuft über das Auswahlverfahren der Hochschulen. Wer einen Ablehnungsbescheid von der ZVS erhalten hat, muss daher noch nicht alle Hoffnungen aufgeben. Zwar sind die Plätze nach Wartezeit und Abinote vergeben – rund 5700 Zulassungen ergeben sich aus diesen beiden Quoten – aber die Auswahlverfahren der Hochschulen laufen noch.

Daher nennt Scheer die Ablehnung von der ZVS eine „Zwischenmitteilung”. Ab September gehen die ersten Zulassungen für das Hochschulverfahren heraus. Also heißt es warten. Bewerber, die dann keinen Platz erhalten haben, können noch auf ein Losverfahren der einzelnen Hochschulen hoffen.

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