Essen. . Essener Schulen erleben jetzt eine Pensionierungswelle. Ungewöhnlich viele Schulleiter gehen in den Ruhestand. Was wünschen sie ihren Schulen?
Essener Schulen erleben in diesen Tagen eine wahre Pensionierungswelle: Ungewöhnlich viele Chefs treten ab in den Ruhestand. Wenn man sie fragt, was sie sich künftig wünschen für ihre eigene Schule, dann kommen viele ins Erzählen. Eine Umfrage.
Viereinhalb Jahre war Burkhard Engels Leiter der Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Schonnebeck – in dieser Zeit wurden Dinge beschlossen, von denen er selbst gar nicht mehr profitieren wird: Denn neben der Schule an der Schonnebeckhöfe entsteht der Neubau, erst neulich war Grundsteinlegung.
„Zur Einweihung werde ich hoffentlich eingeladen“, sagt Engels und schmunzelt. „Menschlich“, betont er, „habe ich mich hier immer wohlgefühlt.“ Doch angesichts „von Rahmenbedingungen, die immer schwieriger werden“, beneidet er seine Kollegen, die noch Jahre und Jahrzehnte im Schuldienst vor sich haben, nicht unbedingt – Stichwort Inklusion, das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderungen.
Zu wenig Sonderpädagogen
„Die neue Schulministerin will, dass künftig maximal drei Kinder pro Klasse mit Behinderung sind, und diese Klasse wird mit einer halben Sonderpädagogen-Stelle ausgestattet“, berichtet Engels. „Das würde heißen, dass unsere Schule nach derzeitigem Stand 18 Sonderpädagogen erhält.“ Wie viele er zuletzt tatsächlich hatte? „Zweieinhalb.“
Entsprechend wünscht Engels der Gustav-Heinemann-Gesamtschule, dass sie künftig vom Land „besser ausgestattet“ wird mit Personal. Und den Lehrern „wieder mehr Zeit, sich ums Kerngeschäft zu kümmern: den Unterricht.“
„Damals gab es mehr Freiheiten“
In Rellinghausen hat Ulrike Liebenau jetzt ihre letzten Tage als Schulleiterin: Sie verlässt die Albert-Einstein-Realschule nach 16 Jahren; insgesamt war sie mehr als 40 Jahre im Dienst. „Im Dezember 1977 hatte ich meine erste Unterrichtsstunde, ich weiß es noch genau.“ Was sich vor allem verändert hat seitdem: „Wir hatten damals mehr pädagogische Freiheiten. Heute gibt es ein eng geschnürtes Korsett aus zentralen Prüfungen und Lernstandserhebungen.“
Auch Ulrike Liebenau bezeichnet die Inklusion als „eine der größten Herausforderungen, der wir uns stellen“. Arbeit gab es für sie ohnehin immer genug: Vor zwei Jahren wurde die Realschule Kettwig zum Teilstandort der Albert-Einstein-Realschule erklärt.
Auch in der Nachbarschaft, in der Realschule Überruhr, geht die Schulleiterin: Elvira Blümel wünscht ihrem Haus eine „weiter gute Entwicklung.“ Demnächst stehe die Rezertifizierung als „Mint“-Schule an, und gewachsen ist die Realschule Überruhr auch: „Im neuen Jahr sind wir vierzügig.“
Räume gebe es dafür eigentlich nicht – langfristig, sagt Elvira Blümel, werde es zu eng. Sie selbst war Realschülerin in Heiligenhaus, machte später das Abi an der Marienschule in Werden, „doch an der Realschule war es immer meine schönste Zeit. Handlungs- und praxisbezogener Unterricht liegt mir. Wäre ich direkt auf einem Gymnasium gestartet, hätte ich wohl kein Abitur gemacht.“
„Kleinere Klassen, moderne Räume“
In Bredeney ist Schulleiter Matthias Rink bereits offiziell in den Ruhestand verabschiedet worden – diese Zeitung berichtete am Mittwoch –, und auch in Kettwig endet ein langes Kapitel: Die Jakob-Muth-Förderschule verabschiedet Lothar Döller-Fleiter, der die Anfangstage der Schule ab 1991 als Lehrer miterlebte. 2001 wurde er ihr Leiter.
In Steele verlässt Stefan Uhlmann nach zwei Jahren als Direktor das Carl-Humann-Gymnasium, er wechselt zur Bezirksregierung in die Schulaufsicht, und in Rüttenscheid ist am Mittwoch Beate Zilles verabschiedet worden.
Auch bei den Grundschulen geht ein gutes halbes Dutzend der Rektoren in den Ruhestand: „Kleinere Klassen und modernere Räume“ wünscht sich Gerhard Gröne von der Gervinusschule in Frohnhausen. „Und dass die Kolleginnen trotzdem immer fröhlich, motiviert und kompetent weitermachen.“
In Freisenbruch verabschiedet sich Marlene Semmerling nach rund 20 Jahren von der Schule am Morungenweg: „Eine der größten Veränderungen war der Offene Ganztag“, erinnert sie sich. Sie selbst habe damals mitgewirkt – 2003 ging der „Offene Ganztag“ mit den ersten Grundschulen an den Start. Heute hat ihn fast jede Grundschule.
Viele Nachfolgen sind noch nicht geregelt
Die Nachfolge-Regelungen ist in den meisten Fällen, in denen Schulleiter jetzt in den Ruhestand gehen oder auf andere Stellen wechseln, noch nicht geregelt. Häufig übernehmen die Stellvertreter die Schulleitung zunächst kommissarisch. Die vakanten Stellen von Schulleiter-Posten sind ohnehin ein dauerhaftes Problem – vor allem bei Grundschulen, nicht nur in Essen. Zuletzt war jede sechste Stelle offen.
Gegen den chronischen Mangel an Grundschul-Leitern hat NRW zuletzt mehrere Maßnahmen beschlossen - unter anderem bessere Bezahlung. Im Regierungsbezirk Arnsberg wird außerdem ein Versuch gestartet, der es interessierten Kandidaten möglich macht, einen Schulleitungs-Job bei Teilzeit wahrzunehmen. Als Gründe für fehlende Grundschulleiter gelten schlechte Bezahlung und fehlende Aufstiegschancen.