An Rhein und Ruhr. . Zeugnisse beinhalten viele persönliche Daten. Manche Lehrer gehen sogar wieder dazu über, sie von Hand anzufertigen. Aber ist das wirklich nötig?
Handschriftlich angefertigte Zeugnisse – was klingt wie eine Erinnerung an die Kindheitstage, ist in Düsseldorf wieder aktueller denn je. Aus Angst davor, nicht den Richtlinien der Datenschutz-Grundverordnung (kurz: DSGVO) zu entsprechen, hat sich die Grundschule Kaiserswerth dazu entscheiden, der digitalen Welt wieder den Rücken zu kehren.
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Vor fast einem Monat, am 25. Mai, trat die DSGVO in Kraft. Sie legte zum Teil neue, europaweit geltende Standards für den Schutz personenbezogener Daten fest. Ihr Ausmaß ist daher enorm: Nicht nur Firmen und Vereine müssen genauer beim Datenschutz hinschauen, sondern auch die Schulen. Und das stellt einige beim Verfassen der Zeugnisse aktuell vor echte Herausforderungen.
Die schreiben viele Lehrer nämlich zuhause. Aber sind die Daten der Schüler dort sicher genug – zumindest nach den Richtlinien der DSGVO? Deshalb an einen Schul-PC auszuweichen, kommt besonders für Grundschullehrer oft nicht infrage. Dort stehen dem Lehrer-Kollegium meist nur wenige bis gar keine Computer zur Verfügung.
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Rüdiger Wüllner, der bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Stadtverband Duisburg für Rechtsschutz zuständig ist, bestätigt: „Bei einem großen Teil der Schulen sorgt die DSGVO für Verwirrung.“ Es gebe, so Wüllner, alleine im Duisburger Stadtgebiet aktuell drei verschiedene Arten, die Richtlinien zu handhaben. „Manche Schulleiter handeln erst nach der jetzigen Zeugnisvergabe, andere Schulen haben einen Schichtbetrieb am Schul-PC und manche schreiben die Zeugnisse wieder handschriftlich.“
Bereits im Februar hatte das Schulministerium die Schulen in einer Dienstanweisung über die Aktualisierung der Datenschutzrichtlinien im Rahmen der DSGVO informiert. Ein Sprecher des Ministeriums betont aber, dass diese gar nicht so neu seien. „Die bisherigen Rechtslage zur Verarbeitung von Schülerdaten gilt unverändert fort.“ Es sei nach wie vor erlaubt, Zeugnisdaten „in begrenztem Umfang auf Privatgeräten der Lehrkräfte zu verarbeiten“.
Zusammenfassung der Nachweispflichten
Das müssten sich die Lehrer aber durch die Schulleitung genehmigen lassen – und genau dafür sei die im Februar herausgegebene Dienstanweisung gedacht, erklärt der Sprecher. Diese schaffe „keine neue Rechtslage, sondern fasst die langjährig bestehenden Nachweispflichten nutzerfreundlich zusammen“.
Rüdiger Wüllner stellt sich an dieser Stelle aber die Frage: „Kann man das wirklich so unterschreiben? Können die Gefahren komplett ausgeschlossen werden?“ Die GEW habe den Schulen daher sicherheitshalber empfohlen, die Dienstanweisung „nur unter einer Bedingung zu unterschreiben: ,Ich bin kein IT-Experte’.“
Denn die Gewerkschaft vertritt eine klare Meinung: „Nur mit dienstlichen Geräten können alle Sicherheitsvorkehrungen gegeben sein.“ Eine Rückkehr zu Stift und Papier dürfe keine Option sein. Das Schulministerium erklärt auf Nachfrage, es erörtere „die Ausstattung der Schulen mit Endgeräten zur spezifischen Speicherung und Verarbeitung sensibler Schülerdaten“.
Zeugnisse weiter zuhause schreiben
In zwei Grundschulen in Wesel und Moers nehmen die Lehrer das Thema ernst, verzichten aber nicht auf die Freiheit, die Zeugnisse zuhause anfertigen zu dürfen.
„Bei uns haben alle Kollegen unterschrieben, dass ihr PC mit einer Firewall und einem Passwort geschützt ist“, sagt Katharina Berg, Leiterin der Theodor-Heuss-Grundschule in Wesel-Flüren. „Die Kollegen wollten gerne weiter zuhause die Zeugnisse schreiben.“ Die Schule hätte ihre alten Arbeitsabläufe überprüft und einen Vorher-Nachher-Vergleich gemacht. „Die Unterschiede sind gar nicht so groß.“
Keine Hundertprozentige Sicherheit möglich
Auch Karin Wendt, die Leiterin der Gebrüder-Grimm-Grundschule in Moers nimmt die DSGVO ernst. Sie sagt: „Bei mir zuhause ist schon einmal eingebrochen worden, daher weiß ich ganz genau, was Datenschutz bedeutet.“ Ihre Kollegen nehmen für das Schreiben der Zeugnisse nur unvollständige Datensätze mit nach Hause. „Die Nachnamen der Kinder und ihre Geburtsdaten beispielsweise fehlen dabei gänzlich“, erklärt die Schulleiterin.
Hundertprozentige Sicherheit gebe es aber sowieso nicht. Wendt: „Ein GEW-Mann hat mir letztens noch gesagt: ,Um die DSGVO wirklich vollständig umzusetzen, müsste man sehr viel Zeit investieren. Und selbst dann ist man nicht komplett gerüstet.’“