Mülheim / Bottrop. . Maschinenbau ist eine Männerdomäne. Aber die Wirtschaft braucht Ingenieure und wirbt um Frauen. Studiengang ist bundesweit der erste dieser Art.
Als erste Hochschule bundesweit bietet die Hochschule Ruhr West ab Wintersemester einen Studiengang Maschinenbau ausschließlich für Frauen an. „Unnötig“, „diskriminierend“, „wenn sich Frauen schon nicht im Studium durchsetzen können, wie soll ihnen das denn später im Berufsleben gelingen?“ So lauten spontane Reaktionen, wenn Professorin Alexandra Dorschu von dem Vorhaben berichtete. Bundesweit gibt es sechs Studiengänge, die sich ausschließlich an Frauen wenden, keiner davon in NRW oder für Maschinenbau.
Die ältesten, in Bremen und Wilhelmshaven, sind gut 20 Jahre alt und in den USA gibt es solche frauenspezifischen Studienangebote schon sehr viel länger. „Es scheint also ein System zu sein, das gut funktioniert“, sagt Dorschu, die das Vorhaben in knapp zehn Schulen vorstellte und zuvor mit vielen Studierenden diskutierte. „Das habe ich doch nicht nötig“, hieß es dann zunächst oft, so ähnlich wie bei der Quote in der Politik.
Öffnung nach vier Semestern
Der geschützte Raum soll den Zugang erleichtern. Wenn sie aber das Konzept näher erläuterte, so erzählt sie, sei die Kritik verstummt. Den geschützten Raum, in dem die jungen Frauen studieren, besteht nur in den ersten vier Semestern, dann öffnet sich der Studiengang zu dem parallel verlaufenden gemischten Studiengang, der selbstverständlich auch von Beginn an für Frau offen steht.
Geringer Frauenanteil im Maschinenbau
An der HRW liegt der Frauenanteil im Maschinenbau bei 8,5 Prozent: 46 von 542 Studierenden. Bei Neueinschreibungen war die Quote nur 6,7 Prozent.
Von den elf Professoren sind vier weiblich, bei den 25 Mitarbeitern acht. Das Bewerbungsportal ist seit 1. Mai geöffnet, der Frauenstudiengang ist nicht zulassungsbeschränkt.
Dorschu, die Mathematik und Mechanik an der TU Dortmund studiert hat, kennt die Hürden aus eigener Erfahrung. „Ich habe mich selbst als unscheinbar und nicht so leistungsstark erlebt“, erinnert sich die 32-Jährige, die ihr Studium in der Regelstudienzeit absolvierte und innerhalb von drei Jahren ihre Promotion abschloss. Erst als sie im vierten Semester von Kommilitonen um Hilfe gebeten wurde, ist ihr die eigene Kompetenz aufgefallen. In Seminaren haben Frauen die Tendenz, sich eher in die zweite oder dritte Reihe zu stellen und dem Alphatier, das sich vor der Menge produzieren will, den Vortritt zu überlassen. Die Dominanz haben Frauen nicht nötig, Rückzug ist auch bequem und es ist auch unangenehm, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Negative Erfahrungen im Studium
Rückblickend ist sie froh, dass sie am ersten Tag eine Studentin kennengelernt hat, mit der sie sich anfreundete und gemeinsam das Grundstudium absolvierte. Gegenseitig habe man sich unterstützt, gestärkt und zusammen gelernt. Negativerlebnisse, die ins Klischee passen, hat sie erlebt, bis hin zu einem Professor, der ihr, nur weil sie eine Frau sei, eine schlechtere Note geben habe. Er habe ihr sogar diese Begründung gegeben. Sie sei so perplex gewesen, dass sie nicht wusste, wie sie reagieren sollte. Geholfen habe ihr später ein Arbeitskreis, der einen Erfahrungsaustausch mit anderen Frauen ermöglichte. Absolventen kamen, die schon fest im Job waren, gaben Tipps, wie bestimmte Hürden zu nehmen sind, wie ihr Lebensweg verlaufen ist und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelingt. Sie wurden zu Rollenvorbildern oder auch zu Mentorinnen.
Genau das soll es auch als freiwilliges Begleitprogramm beim Frauenstudiengang geben. Ansonsten sind die Lerninhalte völlig identisch. Ein weiteres Argument: Die Wirtschaft wünscht sich mehr Ingenieurinnen, nicht nur, weil es offene Stellen gibt, sondern weil Frauen in gemischten Teams wichtig sind. Durch ihre Lebenserfahrung haben sie einen anderen Blick auf Dinge. Das ist bei der Entwicklung anregend.
Seit Jahren verharrt der Anteil der Frauen trotz Werbung und Ermutigung aber bei zehn Prozent. Aber Dorschu weiß, dass dieser Studiengang kein Selbstläufer ist und intensiv beworben werden muss. Schon allein, weil die jungen Leute, auch für Männer, oft ein falsches Bild vom Maschinenbau haben, der sich durch die Digitalisierung verändert.
Werbung in Sozialen Netzwerken
Kreativität und Teamfähigkeit sind gefordert, damit Produkte und Prozesse den Anforderungen des Alltags genügen. Die HRW hat die Krefelder Agentur Stappen & Kryska beauftragt, ein Werbekonzept zu entwickeln, das auf soziale Netzwerke setzt. Unter www.frauen-studieren-maschinenbau finden sich im Internet neben „fünf guten Gründen“ zum Studium auch zwei Filmchen, die Spaß am Studium wecken sollen.