Nordrhein-Westfalen. Die “Zentrale Prüfung 10“ im Fach Englisch sorgt für Ärger an Real- und Gesamtschulen. Die Petition für eine Neuauflage hat über 30.000 Stimmen.
"In der Prüfung waren viele politische Vokabeln, die wir noch nie gelernt oder gehört hatten", sagt Cedrik Kilinc. Er ist Schüler der 10. Klasse an der Holzkamp-Gesamtschule in Witten und hat dort am Donnerstag die Zentrale Abschlussprüfung im Fach Englisch geschrieben. Trotz guter Vorbereitung konnte er viele Aufgaben nicht lösen. "Im Vergleich zu den Vorjahres-Klausuren war diese einfach nur unfair", sagt der 16-Jährige.
Seine Meinung teilen viele Schüler und Eltern in ganz NRW. Eine Online-Petition, die eine Neuauflage der Prüfung fordert, sammelte innerhalb eines Tages über 30.000 Stimmen. Ins Leben gerufen hat sie der 16-jährige Dario Schramm aus Bergisch Gladbach. Nachdem er sich mit Freunden über die Prüfung aufgeregt hat, wollte er wissen, ob es noch mehr Schülern in NRW so geht.
Wiederholung der Prüfung sei keine gute Lösung
"Mein Sohn ist ein sehr guter Schüler, aber selbst er verzweifelte an der Prüfung", sagt Martin Gander aus Mülheim. Sein Sohn geht auf die Realschule an der Mellinghofer Straße. Martin Gander hofft, dass durch die Petition die Klausur wiederholt oder zumindest die Noten angepasst werden. Letzteres hält der Verband Bildung und Erziehung NRW für die bessere Alternative. "Sollten die Prüfungen tatsächlich so schlecht ausfallen, wie offenbar befürchtet wird, raten wir dazu, das Bewertungsraster neu aufzustellen“, sagt Vorsitzender Udo Beckmann. Eine Wiederholung sei nur eine zusätzliche Belastung für die Schüler.
Laut Schulministerium habe es im Vorfeld keinerlei Probleme mit der Prüfung gegeben. Sie sei "lehrplankonform und lösbar". Wegen der Beschwerden werde man sich aber noch einmal genauer mit der Bewertung befassen: "Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion wird das Schulministerium den Schulen Anfang nächster Woche weitere Hinweise zu einer angemessenen Einordung der Schülerleistungen geben", so ein Sprecher.
Auch Lehrer stufen die Prüfung als "sehr anspruchsvoll" ein
Die Schüler bemängeln neben den unbekannten Vokabeln im Bereich "Leseverstehen" und "Wortschatz" besonders die Aufgabe "Hörverstehen". Dabei mussten die Jugendlichen "Multiple Choice"-Fragen zum Gehörten beantworten. Zunächst ging es um ein Lied der Band "Mama Afrika". Dabei habe besonders der afrikanische Akzent das Verstehen erschwert. Außerdem mussten die Schüler Fragen zu einer Rede von Prinz Harry beantworten. "Ich war und bin in Englisch seit Jahren ein guter Schüler. Doch auch für mich war es unglaublich schwer, die Sachen zu verstehen", schreibt ein Jugendlicher in den Kommentaren der Petition.
"Der Wortschatz war in allen Aufgaben schon sehr anspruchsvoll", sagt auch Nils Müller. Er ist Englischlehrer an der Holzkamp Gesamtschule in Witten. Im Vergleich zu den Prüfungen der vergangenen Jahre sei die Klausur auf sehr hohem Niveau gewesen. So habe sich auch ein Großteil seiner Schüler darüber beklagt. Es gebe aber auch einige, die die Aufgaben geschafft haben. "Ich werde die Ergebnisse erst einmal abwarten", sagt der Englisch-Lehrer. Zumindest akustisch habe es bei den Hörverstehen-Übungen keine Mängel gegeben.
Prüfung macht 50 Prozent der Endnote aus
Der große Unmut der Schüler und Eltern ist nicht zuletzt darin begründet, dass die Zentrale Prüfung 50 Prozent der Abschlussnote in diesem Fach ausmacht. Für einige ist damit auch die Qualifikation für das Abitur gefährdet. "Wenn es irgendeine Prüfung wäre, würde ich mich nicht so aufregen", sagt Cedrik Kilinc. "Aber diese Note entscheidet über meine weitere Schullaufbahn."