Frankfurt. Verständnisvolle Kollegen, zufriedene Kunden, eine gute Bezahlung: Von einem solchen Arbeitsalltag können die meisten Beschäftigten nur träumen. Denn die Realität sieht in aller Regel ganz anders aus. «Fast 90 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland haben Jobfrust», sagt der Psychologe.

Verständnisvolle Kollegen, zufriedene Kunden, eine gute Bezahlung: Von einem solchen Arbeitsalltag können die meisten Beschäftigten nur träumen. Denn die Realität sieht in aller Regel ganz anders aus. «Fast 90 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland haben Jobfrust», sagt der Kölner Psychologe Manuel Tusch. Bei vielen ist der Verdruss sogar so stark, dass sie längst innerlich gekündigt haben. «Doch die Suche nach dem Traumjob bringt nichts, den gibt es nicht», betont Tusch. Vielmehr gelte es, in die Offensive zu gehen - und vor allem bei sich selbst anzufangen.

Tusch, der gemeinsam mit seinem Kollegen Volker Kitz das «Frustjobkillerbuch» geschrieben hat, stützt seine Erkenntnisse auf eine Gallup-Studie zum Engagement von Beschäftigten und auf eigene Untersuchungen, vor allem auf eine Vielzahl von Interviews mit Arbeitnehmern im Rahmen seiner Tätigkeit als Business-Coach und Psychologe. Bewusst sei die Schwelle, von Jobfrust zu sprechen, relativ niedrig angesetzt worden.

Kleinigkeiten können für großen Ärger sorgen

«Denn häufig sind es Kleinigkeiten, die solchen Ärger auslösen: ein fordernder Chef oder Kollegen, die ständig reinreden», hat Tusch beobachtet. Da Leid immer subjektiv erlebt werde, könnten auch noch ganz andere - für Außenstehende völlig nichtige - Gründe Auslöser für den Dauerfrust sein.

Der Experte hat auch eine Besonderheit speziell in Deutschland festgestellt: Anders als beispielsweise in den USA wird hierzulande der Job nicht als eine Art Tauschgeschäft - Arbeitskraft gegen Bezahlung - verstanden. Damit geht seiner Ansicht nach auch ein gutes Maß an gesundem Realismus verloren, was vielen Arbeitnehmern dann das Leben schwermachen kann.

Tusch verhehlt nicht, dass es durchaus Fälle gibt, in denen eine Kündigung und die Orientierung nach einem anderen Job der richtige und vermutlich auch einzig vernünftige Weg ist - etwa bei Mobbing oder einer lächerlichen Bezahlung. «Das ist aber die Ausnahme», betont der Psychologe. Denn nicht jeder Konflikt mit Kollegen und Vorgesetzten sei gleich handfestes Mobbing.

Allen anderen «normal» Gefrusteten, die schon fleißig die Stellenanzeigen der Zeitung durchblättern und auf der Suche nach DEM Traumjob sind, macht Tusch allerdings nicht allzu große Hoffnung: «Wenn ein so großer Teil der Beschäftigten unzufrieden ist, kann es nicht daran liegen, dass alle den falschen Job haben. Es zeigt vielmehr, dass wir alle mit den gleichen Grundproblemen kämpfen - unabhängig wo und für wen sie arbeiten. Beim nächsten Chef wird's also auch nicht besser.»

«Man muss bei sich selbst anfangen»

Was bleibt also übrig? «Man muss bei sich selbst anfangen», lautet sein simpel klingender Rat. Denn das Hauptproblem ist, dass die meisten Menschen ihren Job mit viel zu hohen Erwartungen verbinden - und meist ein Motiv besonders gewichten, wie Tusch und sein Kollege Kitz herausgefunden haben.

«Das kann nur schiefgehen. Denn es gibt beispielsweise immer jemanden, der mehr verdient», sagt Tusch und spricht von dem «sozialen Aufwärtsvergleich». Diese Eigenart des Menschen, nach oben zu schielen und sich mit anderen zu vergleichen, bewirke beispielsweise, dass selbst vorzüglich verdienende Vorstandsmitglieder mit ihrem Gehalt unzufrieden sind und von Jobfrust sprechen.

Solche einseitigen Denkstrukturen gilt es nach seiner Ansicht zu durchbrechen: Er empfiehlt einen «gesunden Erwartungsmix», der die Motivation auf den Job nicht allein auf einen Bereich wie Geld, Spaß oder Anerkennung abstellt. «Es geht darum, von allem ein bisschen, aber nicht zu viel zu erwarten», betont Tusch. Dann sei die Gefahr der Enttäuschung schon viel geringer.

Für ein Memo kann der Chef kein Denkmal setzen

Darüber hinaus rät Tusch dazu, das Prinzip des Teilens auch im Beruf zu verinnerlichen. «Es gibt viele Kollegen, die um die Aufmerksamkeit des Chefs buhlen. Der wiederum kann nicht jedem Mitarbeiter für ein Memo ein Denkmal setzen, ansonsten würde seine Arbeitszeit ziemlich knapp.»

Schließlich sollte man sich auch an die eigene Nase fassen und sich eingestehen, dass man den Erwartungen an andere selbst auch nicht immer gerecht wird. «Oder wissen Sie noch, ob Sie sich neulich in der Bäckerei fürs Wechselgeld bei der Verkäuferin bedankt haben?» Im Berufsleben habe man schlicht auch einen Preis dafür zu bezahlen, «dass man nicht allein vor sich hin arbeiten muss und mit Menschen in Kontakt ist». Ein Jobwechsel sei aber in den meisten Fällen, der genau falsche Weg, den Konflikten und Problemen im Job aus dem Weg zu gehen. Tusch ist sich sicher: «Diese aufreibende Suche ist schlicht Zeitverschwendung.» (ap)