Essen. Der VRR erhöht die Preise – Studentenvertreter protestieren dagegen. Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Streit ums Semesterticket.
Seit mehr als einem Jahr streiten Studentenvertreter mit dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) über das Semesterticket - eine Lösung ist bislang nicht in Sicht. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Worum geht es in dem Streit?
Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hat den 34 Hochschulen in seinem Gebiet die Semesterticket-Verträge gekündigt. Nun will er stufenweise über neue Verträge die Preise erhöhen. 210.000 Studenten sind davon betroffen, viele Allgemeine Studierendenausschüsse (Asten) wehren sich dagegen. Sie beklagen eine Preiserhöhung um rund 40 Prozent bis zum Jahr 2020 und wollen die neuen Verträge nicht unterzeichnen.
Wie begründet der VRR die Preiserhöhung?
Mit steigenden Kosten. Seit der Einführung des Semestertickets 1992 hätten sich "die finanziellen Rahmenbedingungen dramatisch geändert", sagt VRR-Chef José-Luis Castrillo: "Ihnen muss ebenso Rechnung getragen werden wie der bis dato nur durchschnittlichen Preisanpassung." Das VRR-Semesterticket sei "im bundesweiten Vergleich vom Preis-Leistungsverhältnis her attraktiv", diese Preiserhöhung "unumgänglich", meint Castrillo.
SemesterticketWas kostet das Semesterticket?
Derzeit zahlen Studenten 18,38 Euro pro Monat für das Ticket, das ein halbes Jahr gilt und freie Fahrt in ganz NRW ermöglicht. Durch die jährliche reguläre Preiserhöhung um 3,9 Prozent kostet es ab dem Sommersemester 19,06 Euro. Die neuen Verträge sehen darüber hinaus eine außerordentliche Anhebung um 3,80 Euro vor – verteilt über viereinhalb Jahre. Heißt konkret: Zum Wintersemester 2015/2016 wird das Ticket pro Monat zwei Euro teurer, in den folgenden vier Sommersemestern soll der Preis um jeweils 0,45 Euro steigen. 2020 würde ein Semesterticket dann monatlich 26,50 Euro kosten – über acht Euro mehr als momentan.
Wie reagieren die Studentenvertreter?
Die geplante Teuerung hat Protest ausgelöst. "Wir sehen keinen Grund für eine außerordentliche Preiserhöhung", sagt Marcus Lamprecht, Asta-Mobilitätsreferent der Universität Duisburg-Essen. Die Studentenvertretungen von 16 Hochschulen haben ein Gegenangebot erarbeitet, das eine moderatere Steigerung vorsieht. "Wir wollen den VRR dazu animieren, seine sture Position zu überdenken", sagt Lamprecht.
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Der VRR hält dieses Angebot zwar bislang für "wirtschaftlich nicht akzeptabel". Es wurde VRR-Chef Castrillo dennoch am 5. Februar bei einer Asta-Veranstaltung im Essener Audimax überreicht. Am 18. Februar soll darüber in einer Sitzung des VRR-Verwaltungsrates im Essener Rathaus beraten werden.
Wer steckt hinter dem Gegenangebot?
Die Asten vieler großer Hochschulen in der Region. Unter anderem: Studentenvertreter der Universität Duisburg-Essen, der Ruhr-Universität Bochum, der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen/Bocholt/Recklinghausen.
Was ist für die Studentenvertreter drin?
"Wir sehen noch eine kleine Chance", sagt Lamprecht. Der VRR wollte bereits 2013 die Preise erhöhen. "Das konnten wir abwenden." Damals gründete sich die Gruppe "So nicht, VRR!", die erfolgreich protestierte. "Es ging es um eine Preissteigerung von 43 Prozent auf einen Schlag", erklärt Lamprecht. "Die sind bei dem neuen Angebot in einem Stufenmodell verteilt."
Wie bewertet ein Verkehrsexperte das VRR-Angebot?
Lothar Ebbers vom Fahrgastverband ProBahn hält die "Höhe der Preissteigerung für angemessen". Denn: "Die kommunalen Verkehrsbetriebe müssen in vielen Städten einen hohen Aufwand betreiben", sagt der Diplom-Geograph und Verkehrsplaner. Ebbers zieht auch Vergleiche mit anderen Angeboten: "Das Schoko- und Sozial-Ticket sind zum Beispiel teurer als das Semesterticket."
Wer hat das VRR-Angebot unterzeichnet?
Von den 34 Hochschulen im Verbreitungsgebiet haben nach VRR-Angaben 15 das Angebot angenommen – davon 13 Hochschulverwaltungen und zwei Asten. Zuletzt habe der Asta der Uni Wuppertal den Vertrag unterschrieben. "Wir gehen davon aus, dass weitere folgen, denn das Angebot ist gut", sagt VRR-Sprecher Holger Finke.
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Einen Verhandlungsspielraum im Einzelfall gebe es nicht. Allen Hochschulverwaltungen und Asten liege das gleiche Angebot vor. Sie müssten eigenständig bis zum Frühjahr entscheiden, ob sie es akzeptieren oder nicht, möglicherweise auch eine Abstimmung durchführen.
Was passiert, wenn keine Einigung erzielt werden kann?
Studenten, die weiter den öffentlichen Nahverkehr nutzen wollen, könnten auf das Young-Ticket für Auszubildende ausweichen. In der Preisstufe A kostet es 51,40 Euro, in der mit dem Semesterticket vergleichbaren Stufe aber bereits 110 Euro. Zudem müssten kommunale Verkehrsbetriebe in Städten, deren Studenten kein Semesterticket haben, mit weitreichenden Konsequenzen rechnen, weiß Lothar Ebbers: "Es betrifft schließlich die Nutzung und Refinanzierung."