Düsseldorf. Riesige Nachfrage nach Impfterminen in Kinderarztpraxen. Aber die Mediziner sind vorsichtig. Sie warten auf eine Stiko-Empfehlung.

Kinder- und Jugendärzte berichten, die Zulassung des Biontech/Pfizer-Impfstoffes für Zwölf- bis 15-Jährige habe einen enormen Ansturm auf die Arztpraxen in NRW ausgelöst. „Das Interesse ist riesengroß. Die Leute rennen uns die Bude ein. Viele Praxen lassen den Anrufbeantworter laufen, weil sie auf die Nachfrage kaum noch reagieren können“, sagte Dr. Axel Gerschlauer, Sprecher für den Bezirk Nordrhein des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, dieser Redaktion.

Manche Familien reagierten laut Gerschlauer enttäuscht, wenn sie erführen, dass sie jetzt noch gar keine festen Impftermine für ihre Kinder bekommen können.

"Für uns ist entscheidend, was die Stiko sagt"

Auch der Sprecher des Kinderärzteverbandes für Westfalen-Lippe, Michael Achenbach beobachtet in seiner Praxis seit Donnerstag „eine Zunahme von impfinteressierten Jugendlichen“ und geht von einer weiter steigenden Zahl von Anfragen aus. Ende vergangener Woche hatte die Europäische Arzneimittelbehörde EMA die Impfung von Jugendlichen mit dem Produkt von Biontech/Pfizer erlaubt. Die EU-Kommission bestätigte dies am Montag.

Gerschlauer betonte, dass sich die Kinder- und Jugendärzte eng an einer zu erwartenden Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) orientieren würden. „Wir freuen uns über die Zulassung in Europa. Die Politik kann sich auch auf die EMA-Zulassung berufen. Für uns ist aber entscheidend, was die Stiko zur Impfung von Jugendlichen sagt, denn der Bundesgerichtshof hat die Stiko-Empfehlungen als medizinischen Standard anerkannt“, so der Mediziner. Unumstritten sei aus fachlicher Sicht bisher nur, dass chronisch kranke Kinder, zum Beispiel schwer Herz- oder Lungenkranke, gegen Covid-19 geimpft werden sollten.

"Viel Gegacker um ungelegte Eier"

Bund und Länder hatten sich beim „Impfgipfel“ in der vergangenen Woche darauf geeinigt, dass sich Kinder ab zwölf Jahren mit dem Ende der Impfpriorisierung am 7. Juni um Impftermine „bemühen“ können. Gerschlauer bezeichnet diesen politischen Beschluss als „viel Gegacker um ungelegte Eier“, denn es sei schlicht noch nicht genügend Impfstoff für alle da. Die Kinder- und Jugendärzte hätten derzeit noch keine Ahnung, welche Impfkontingente sie bestellen können. Die Verteilung der Dosen gleiche wegen des anhaltenden Mangels einem „Glücksspiel“.

Es sei zudem schwer, jenen Eltern, die ihre Kinder jetzt unbedingt impfen lassen wollen, den Unterschied zwischen einer Zulassung und einer Empfehlung zu erklären. „Bei der Zulassung gehe es um das, was man darf. Bei der Empfehlung um das, was man soll.“ Und diese noch fehlende Einschätzung der Ständigen Impfkommission sei für die Kinderärzte maßgebend.