An Rhein und Ruhr. Gewerkschaft der Polizei fordert eine flächendeckende Einführung der Taser in NRW. Warum die Grünen das ablehnen.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiert die zögerliche Ausstattung von Polizistinnen und Polizisten im Land mit Distanz-Elektroimpulsgeräten, den sogenannten Tasern. „Es ist eine politische Debatte, die nun auf dem Rücken der Polizistinnen und Polizisten im Land geführt wird. Der Taser schützt unsere Kollegen. Die Bedenken der Grünen sind nicht nachvollziehbar“, erklärt Michael Mertens, Vorsitzender der GdP NRW.

Nach Angaben des Innenministeriums wurden bislang Beamtinnen und Beamte in 18 Kreispolizeibehörden mit Distanzelektroimpulsgeräten (DEIG) im Wachdienst ausgestattet. Es handelt sich dabei um die Kreispolizeibehörden Aachen, Bonn, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Köln, Gelsenkirchen, Bochum, Borken, Paderborn, Wuppertal, Steinfurt, Gütersloh, Münster, Recklinghausen, Rhein-Erft-Kreis und Märkischer Kreis. „Allerdings müssen in einzelnen Kreispolizeibehörden zunächst noch die für den Einsatz erforderlichen Fortbildungstrainings abgeschlossen werden“, berichtet Ministeriumssprecher Christoph Wickhorst.

Grüne: Keine Neuanschaffungen bis 2024

Julia Höller, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, hält dagegen: „Angesichts der sehr unterschiedlichen inhaltlichen Positionen haben wir im Koalitionsvertrag mit der CDU eine gute Vereinbarung getroffen: Es werden derzeit keine weiteren Taser angeschafft, sondern bis 2024 soll der Einsatz von Tasern unabhängig, wissenschaftlich und ergebnisoffen evaluiert werden“, so Höller.

Sommergespräch mit GdP-Landeschef Michael Mertens im FMO in Essen am Donnerstag den 21.07.2022. Foto: Lars Heidrich / FUNKE Foto Services
Sommergespräch mit GdP-Landeschef Michael Mertens im FMO in Essen am Donnerstag den 21.07.2022. Foto: Lars Heidrich / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

„Aus unserer Sicht werden keine Evaluierungen mehr benötigt. Der Taser hat sich in der Einsatzpraxis bewährt. In anderen Bundesländern, aber auch weltweit bei anderen Polizeibehörden gehört der Taser längst zur Standardausrüstung“, führt Mertens die Position der Polizeigewerkschaft aus. „Wir fordern die flächendeckende Ausstattung der nordrhein-westfälischen Polizeibehörden mit dem Taser“, stellt Mertens, selbst Polizeihauptkommissar, klar.

Taser Lücke zwischen Schlagstock sowie Pfefferspray und der Schusswaffe

„Ich selbst war zunächst unsicher bei diesem Thema, immerhin geht es um den Zusammenhang Strom und Staatsgewalt. Wir haben uns intern in einer Arbeitsgruppe sehr genau mit dem Taser beschäftigt, bevor wir zu einer Einschätzung gekommen sind. Inzwischen bin ich ein absoluter Befürworter geworden.“ Der Taser schließe eine Lücke zwischen dem Schlagstock und dem Pfefferspray auf der einen Seite und der Schusswaffe auf der anderen Seite. „Allein durch die Androhung eines Taser-Einsatzes können viele Situationen entschärft werden, wenn etwa eine Bedrohung durch ein gezücktes Messer besteht.“

Der erste Todesfall im Zusammenhang mit einem Taser-Einsatz in NRW – ein 44-Jähriger starb im Oktober 2022 in Dortmund, nachdem er zwei Stromstöße erhalten hatte – ändere seine Einschätzung nicht, so Mertens. „Leider gab es in der Vergangenheit auch tragische Fälle im Zusammenhang mit Schlagstock- und Pfefferspraygebrauch. In diesem konkreten Fall gibt es keinen Hinweis darauf, dass der Taser-Einsatz ursächlich für den Todesfall war.“

Gesundheitsrisiken nicht ausreichend erforscht

Die Grünen sehen keinen Grund, den Taser mit Höchsttempo in allen Behörden einzuführen. „Potenzielle Gesundheitsrisiken des Tasers sind beispielsweise bislang nicht ausreichend erforscht“, so Höller. „Wir Grüne haben in den vergangenen Jahren immer wieder auf die Risiken und die begrenzte Einsatzfähigkeit der Taser – nur in statischen Einsatzsituationen und nicht in Situationen mit viel Bewegung – hingewiesen.“ Zudem müssten die Beamtinnen und Beamten für den Einsatz gut geschult sein.

Das NRW-Innenministerium erklärt, dass die weitere Ausstattung vom Ergebnis der von der Regierungskoalition vereinbarten wissenschaftlichen Evaluierung abhängig sei. „Die Ausgestaltung der wissenschaftlichen Evaluierung befindet sich derzeit in Prüfung, sodass hierzu (noch) keine Aussagen getroffen werden können.“