Berlin/Duisburg. Christian Leye war fünf Jahren Vorsitzender der Linkspartei in NRW. Jetzt ist er ausgetreten und hat sich dem Wagenknecht-Bündnis angeschlossen.

Am Montagmorgen steht Christian Leye in Berlin neben den anderen führenden Gründungsmitgliedern des „Bündnis Sahra Wagenknecht - Für Vernunft und Gerechtigkeit“, und er sieht so entschlossen wie angespannt aus. Am Telefon erklärt der Duisburger Bundestagsabgeordnete, der die Linkspartei in NRW zwischen 2016 und 2021 geführt hat, warum für ihn die Spaltung unausweichlich war.

Herr Leye, Sie sind einer der neun Bundestagsabgeordneten, die mit Sahra Wagenknecht der Linken den Rücken gekehrt haben und mit ihr in einem nach Wagenknecht benannten Bündnis bei Wahlen antreten wollen. Warum braucht es diese neue Partei?

Wir haben eine Situation, in der das Land gespalten ist, in denen es vielen Menschen immer schlechter geht und die Aussichten nicht rosig sind. Der Frust über die Regierungspolitik wird derzeit von den Rechten aufgesogen. Die Linke findet nicht mehr statt.

Warum?

Wir waren einmal eine Partei der sozialen Gerechtigkeit, haben uns aber schon lange nicht mehr auf unsere Kernkompetenzen konzentriert und sind deswegen auch kein Bollwerk gegen Rechts mehr. In unserem Bündnis werden wir uns auf die vier Säulen soziale Gerechtigkeit, Frieden, Freiheit und Vernunft konzentrieren.

Was meinen Sie mit Vernunft?

Die Politik in Deutschland bedroht derzeit den industriellen Kern des Landes, die Mittelschicht bröckelt, die Infrastruktur ist marode. Wir wollen das mit einer vernünftigen Politik ändern.

Politische Konzepte sind das eine. Eine Partei braucht aber einen organisatorischen Unterbau, um beispielsweise Wahlkämpfe zu führen. Hat Ihr Bündnis so etwas?

Ja, es wird einen organisatorischen Unterbau geben. Das Interesse an unserem Bündnis ist schon jetzt riesengroß. Wir werden aber am Anfang kontrolliert wachsen. Wir sind sicher, dass wir die anstehenden Wahlkämpfe gestemmt bekommen.

Sie waren einige Jahre Landesvorsitzender der Linken in NRW. Wie sind die Reaktionen bei ihren früheren Genossen ausgefallen?

Wir haben gemischte Reaktionen bekommen. Darunter war auch viel Zustimmung, viele Mitglieder der Linken wollen bei uns mitmachen, weil sie mit dem Kurs der Parteiführung zutiefst unzufrieden sind.

Wie schwer ist Ihnen dieser Schritt persönlich gefallen?

Es ist mir ziemlich schwer gefallen, da muss ich ehrlich sein. Die Linke war lange meine Partei. Viele Mitglieder schätze ich, auch wenn es mal Uneinigkeit gab. Aber der Schritt war unausweichlich. Sonst erleben wir im Jahr 2025 einen Bundestag, in dem es keine Partei für Gerechtigkeit und Frieden gibt - während die Rechten mit über 20 Prozent vertreten wären. So eine Konstellation würde das Land drastisch ändern. Und Die Linke wollte sich ums Verrecken nicht so aufstellen, dass sie dem etwas entgegensetzen kann. Stattdessen war die gesamte Analyse des Parteivorstandes, dass Sahra Wagenknecht stört. Am Ende gab es innerparteilich keinen Raum, um zueinander zu kommen und politisch drängte die Zeit, damit wir noch etwas ändern können.