Düsseldorf. “Höchste Anforderungen an Charakter“: Junge Beamte nach rechtsextremen Nachrichten zu Recht entlassen. Ein Urteil ist wegweisend.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat im Zusammengang mit rechtsextremen Chat-Nachrichten zwei Verwaltungsgerichtsurteile gegen Kommissarsanwärter aus Düsseldorf und Duisburg begrüßt. „Der Polizeiberuf ist nicht irgendeiner. Deshalb stellen wir höchste Anforderungen an das Denkvermögen, die Fitness und den Charakter. Ich bin erleichtert über die heutigen erstinstanzlichen Urteile, weil sie genau diesen Anspruch unterstreichen“, sagte Reul unserer Redaktion. Wer sich rassistisch oder antisemitisch äußere, habe in der NRW-Polizei nichts verloren, so Reul weiter.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte am Dienstag Klagen von zwei jungen Polizisten abgewiesen, die wegen rechtsextremer oder ausländerfeindlicher Beiträge in privaten Chatgruppen nicht ins dauerhafte Beamtenverhältnis übernommen wurden. Gegen beide Urteile kann Berufung beim Oberverwaltungsgericht beantragt werden.
Chats eines 17-Jährigen gehen nicht als Jugendsünde durch
Wegweisend erscheint vor allem die Bestätigung, einen 2002 geborenen Kommissarsanwärter beim Polizeipräsidium Duisburg wegen fremdenfeindlicher und antisemitischer Nachrichten in einer Chatgruppe zu entlassen, die er bereits zwei Jahre vor seiner Einstellung verschickt hatte. Als 17-Jähriger verbreitete er bei WhatsApp zwei Bilder, die Anspielungen auf farbige und jüdische Menschen enthielten. Dies war später bei einem anderweitigen internen Ermittlungsverfahren herausgekommen. Als „Jugendsünde“ ließ das Gericht das nicht durchgehen. Die von Polizeibeamten geforderte charakterliche Grundeinstellung beginne nicht erst mit dem Eintritt in den Polizeivollzugsdienst, hieß es im Urteil. Der junge Mann müsse sich an seinen menschenverachtenden Aussagen festhalten lassen, auch wenn er sie heute bedauere.
Seit 2020 sind mehrere Hundert rechtsextreme Verdachtsfälle in der NRW-Polizei bekannt geworden. Vor allem eine Dienstgruppe in Mülheim an der Ruhr hatte in privaten Chatgruppen übelste Neonazi-Hetze geteilt. Die Entfernung von Beamten aus dem Dienst gestaltete sich von Beginn an schwierig. Hassnachrichten in geschlossenen Chat-Gruppen werden oft nicht als Volksverhetzung bestraft, weil keine Öffentlichkeitswirkung unterstellt werden kann. Ohne Verurteilung ist es dem Land wiederum kaum möglich, bereits auf Lebenszeit verbeamtete Polizisten loszuwerden.
Innenminister hatte von "Schande für die NRW-Polizei" gesprochen
Reul hatte früh von einer „Schande für die NRW-Polizei“ gesprochen und die gesamte mittlere Führungsebene, etwa 3500 Dienstgruppenleiter, in einem Terminmarathon persönlich für das Problem sensibilisiert. Eine eigens eingerichtete Stabsstelle „Rechtsextremistische Tendenzen in der Polizei NRW“ gelangte 2021 nach einer umfassenden Analyse zur Erkenntnis, dass es zwar „keine rechtsextremistischen Netzwerke“ unter den knapp 50.000 Ordnungshütern im Land gebe, wohl aber die Notwendigkeit, die Werteorientierung im Polizeialltag zu verbessern.