An Rhein und Ruhr. . Die Linken-Ikone Sahra Wagenknecht soll keine Zukunft mehr in der Partei haben. In NRW dürfte das zu deutlich mehr Parteiaustritten führen.
Der Richtungsstreit an der Spitze der Linkspartei zerreißt auch den nordrhein-westfälischen Landesverband. Gegner und Anhänger der umstrittenen Partei-Ikone Sahra Wagenknecht stehen sich unversöhnlich gegenüber. Am Wochenende hatte der Parteivorstand in Berlin beschlossen, dass Wagenknecht keine Zukunft mehr in der Partei haben dürfe, nachdem diese mehrfach öffentlich die Gründung einer eigenen Partei angekündigt hatte.
Wagenknecht hat in Nordrhein-Westfalen besonders viele Anhänger. 2021 hatte sie der Landesverband als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl aufgestellt, bei der die Linkspartei in NRW allerdings nur auf 3,7 Prozent kam. Bei der Landtagswahl im Jahr darauf landete die Partei bei nur noch 2,1 Prozent. Der Absturz in die Bedeutungslosigkeit droht.
Leye: Sterben auf Raten
„Seit der Europawahl sterben wir auf Raten“, klagt Christian Leye, Bundestagsabgeordneter und bis vor zwei Jahren Landessprecher der NRW-Linken. Er kritisiert den Beschluss des Parteivorstandes scharf. Zwar werde der keine konkreten Auswirkungen für Wagenknecht haben, weil es kein Parteiausschlussverfahren gebe. „Trotzdem hat der Parteivorstand damit die letzten Brücken abgerissen, was massive Folgen für die Partei haben dürfte“, warnt Leye.
Schon vor dem Beschluss habe die Partei „wegen solchen Aktionen ganze Kreisverbände verloren“, so Leye weiter. Im Februar hatte beispielsweise die Führung des Kreisverbandes Hamm das Handtuch aus Frust über die Ukraine-Politik der Bundespartei geschmissen. Wagenknecht und ihre Anhänger lehnen im Gegensatz zur Parteiführung Waffenlieferungen an das Land strikt ab und plädieren für eine sofortigen Waffenstillstand; ihnen wird eine pro-russische Haltung vorgeworfen.
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Dagegen unterstützt der aktuelle Sprecher der NRW-Linken den Kurs der Berliner Parteiführung: „Nach einem entsprechenden Beschluss des Landesparteitags haben wir Sahra Wagenknecht aufgefordert, die Spekulation über eine Parteigründung einzustellen“, so Sascha Wagner. Bitten um Gespräche mit den Bundestagsabgeordneten aus NRW seien diese nicht nachgekommen. Anders als Leye befürchtet Wagner jedoch nicht, dass der aktuelle Streit die Partei zerreißt.
Wagner wie Leye ist die Frustration darüber anzumerken, dass der öffentlich ausgetragene Streit die Partei lähmt. Durch die Inflation und die Rezession verarmten immer mehr Menschen, der Krieg führe zu einer Militarisierung der Außenpolitik. „Und wir als Partei des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit liegen bei vier Prozent“, ärgert sich Leye.
Man müsse den Dauerkonflikt mit Wagenknecht lösen und die politischen Aufgaben der Linken in den Mittelpunkt stellen, wirbt Wagner. „Wir laden alle ein, die sich in den letzten Wochen und Monaten enttäuscht und frustriert von der Linken abgewandt haben auf, zurückzukommen und mit uns gemeinsam eine schlagkräftige linke Oppositionspartei aufzubauen“, so der Landessprecher. Es klingt flehentlich.