Düsseldorf. Noch immer fehlen 770.000 Erklärungen. Nach den Sommerferien werden die Behörden aktiv - was für Grundbesitzer eher ungünstig ist.

Die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung wird nach den Sommerferien Hunderttausende Grundstückswerte schätzen müssen. Trotz Erinnerungsschreiben fehlten noch immer rund 770.000 Grundsteuer-Erklärungen, hieß es am Mittwoch aus dem Finanzministerium.

Man habe ein großes Interesse, von Haus- und Grundbesitzern noch die notwendigen Eckdaten zu erhalten, um Bescheide erstellen zu können und hoffe auf nachlaufende Angaben. Bei weiterer Verweigerung müsse man jedoch nach den Sommerferien Annahmen treffen, damit die Kommunen rechtzeitig Hebesätze für die neue Grundsteuer ab 1. Januar 2025 erstellen können.

„Die Schätzung entbindet nicht von der Pflicht zur Abgabe einer Erklärung“, stellte das Finanzministerium klar. In der Regel sind Schätzungen des Finanzamtes zunächst ungünstiger für die Betroffenen als die eigene Erklärung. Von den rechtlich möglichen Zwangsgeldern für Säumige hatte NRW bislang abgesehen. Verspätungszuschläge hingegen können erst fällig werden, wenn man eine Erklärung abgegeben hat.

Nur die Hälfte der Erklärungen wird vollautomatisch erledigt

Trotz zweimaliger Fristverlängerung sind für die rund 6,5 Millionen Grundstücken in NRW insgesamt erst etwa 5,7 Millionen Erklärungen eingegangen. Die Erledigungsquote liegt hier laut Finanzministerium bei 82 Prozent. Viele Bürger fechten offenbar einen digitalen Formularkampf aus. Nur etwa die Hälfte der Grundsteuererklärungen konnte vollautomatisch erledigt werden. Es gibt bereits etwa 376.000 Einsprüche, die innerhalb von vier Wochen erhoben werden müssen. Das Finanzministerium weist die vielfach erhobene Forderung nach einer generellen Vorläufigkeit aller Bescheide weiter zurück. Dies sei nur möglich, wenn bereits ein Klageverfahren beim Bundesfinanzhof anhängig wäre.

Bislang gibt es aber noch keine Klagen in NRW, geschweige denn eines, das bis zur höchsten Instanz getrieben worden wäre. Von sich aus wollen die Finanzämter offenbar nicht an Grundstückseigentümer das Signal aussenden, dass man die Grundsteuer selbst für verfassungswidrig halte.

Wer keinen Einspruch einlegt, kann es später nicht mehr korrigieren

Das Problem: Wer nicht innerhalb von vier Wochen Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid eingelegt hat, kann voraussichtlich selbst dann nicht mehr dagegen vorgehen, wenn das Bundesverfassungsgericht die Berechnungsmethode in einigen Jahren kippen sollte. Der Bescheid gilt für sieben Jahre. In NRW kommt das sogenannte Bundesmodell zur Anwendung, das unter anderem wegen der Bodenrichtwerte rechtlich hochumstritten ist.

Die neue Grundsteuer soll „aufkommensneutral“ sein, das heißt: Der Staat will aus dieser Steuerquelle unter dem Strich nicht mehr abschöpfen als nach dem alten Modell. Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) wird im nächsten Jahr für jede Kommune Hebesätze transparent machen, die eine „Aufkommensneutralität“ sicherstellen. Innerhalb der Gemeinschaft aller Grundstückseigentümer dürfte es jedoch durch die neue Berechnungsmethode zu Verschiebungen kommen. Insbesondere könnten Gewerbetreibende weniger und Wohneigentümer mehr zahlen.