Düsseldorf. In NRW hat es 2022 deutlich mehr politisch motivierte Straftaten gegeben als in den Vorjahren. Was sonst noch im Verfassungsschutzbericht steht.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) warnt vor einer zunehmenden Bedrohung durch Extremisten. „Die Gefahren für unsere demokratische Gesellschaft kommen aus allen Richtungen. Sie lauern auf Straßen, im Cyber-Raum, sind politisch oder religiös motiviert oder kommen aus dem Ausland“, sagte er am Donnerstag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes.

Die Demokratiefeinde würden sich oft geschickt mit vermeintlich guten Absichten tarnen, um arglose Vertreter der der bürgerlichen Mitte für ihre Zwecke zu manipulieren. Die Antworten auf manche Fragen seien daher immer schwerer zu finden, so der Minister: „Ist das noch eine Friedensdemo oder schon eine rechtsextremistische Kundgebung? Protestieren die Leute nur für das Klima, oder sind dazwischen auch Linksextremisten?“ Schwarz und Grau ließen sich heute nicht mehr sauber trennen, und Extremisten aus dem In- und Ausland nutzten die durch die zahlreichen Krisen ausgelöste Verunsicherung vieler Menschen für ihre Zwecke.

Rechtsextremismus als „größte Bedrohung“

Ein Indiz für die zunehmende Gefahr sei die stark gestiegene Zahl der politisch motivierten Straftaten in NRW. Dazu zählen zum Beispiel Angriffe auf Menschen, deren politische Überzeugung, Weltanschauung Herkunft, Religion oder sexuelle Orientierung der Angreifende ablehnt. Die Zahl dieser Taten stieg 2022 im Vergleich zum Vorjahr um fast 40 Prozent auf 8.948. In vielen dieser Fälle gerieten im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine Unterstützer der beiden verfeindeten Staaten aneinander.

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Den Rechtsextremismus bezeichnete Reul als „größte extremistische Bedrohung für unsere Demokratie“. Er erinnerte an den geplanten gewaltsamen Staatsumsturz einer mutmaßlich terroristischen Vereinigung um den Unternehmer Heinrich Prinz Reuß im Dezember. Die zweitgrößte Bedrohung seien ausländische Desinformation und Propaganda sowie Auslandsspionage und Staatsterrorismus. „Die Nachrichtendienste aus Russland, China, dem Iran und der Türkei sind dabei die treibenden Kräfte“, so Reul.

Kompetenzen der Sicherheitsbehörden müssen erweitert werden

Die Wahlkampf-Aktivitäten türkischer Behörden in NRW im Zusammenhang mit der bevorstehenden Präsidentschaftswahl in der Türkei könnten die Sicherheitslage an Rhein und Ruhr beeinträchtigen. „Unsere Sicherheitsbehörden werden diesen Wahlkampf aufmerksam begleiten“, versicherte Reul.

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Angesichts der zunehmenden Bedrohungen von innen und außen müssten die Kompetenzen der Sicherheitsbehörden erweitert werden. Der Fall der beiden Brüder aus Castrop-Rauxel, die im Verdacht stehen, an Silvester einen Giftanschlag geplant zu haben, belege, wie sehr die deutschen Behörden beim Erkennen von Gefahren auf ausländische Nachrichtendienste angewiesen seien. Die Landesregierung mahnt mehr Kontrollmöglichkeiten bei Messengerdiensten wie Telegram, sozialen Netzwerken und anderen Plattformen an. Auch die Regeln zur Vorratsdatenspeicherung gehörten auf den Prüfstand.

NRW-Innenminister Herbert Reul hat den Verfassungsschutzbericht für 2022 vorgestellt (Archivfoto).
NRW-Innenminister Herbert Reul hat den Verfassungsschutzbericht für 2022 vorgestellt (Archivfoto). © dpa | Federico Gambarini