Düsseldorf. Gefühlt fällt aktuell viel Unterricht aus. Wieviel genau, weiß keiner. Daran entzündet sich immer mehr Kritik. Wie es weiter geht.

NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) hat Vorwürfe zurückgewiesen, das Ausmaß des landesweiten Unterrichtsausfalls verschleiern zu wollen. „Das Ministerium für Schule und Bildung hat großes Interesse daran, zu wissen, wieviel Unterricht an den Schulen in Nordrhein-Westfalen erteilt wird beziehungsweise wie oft und aus welchen Gründen Unterricht nicht wie geplant stattfinden kann oder ausfallen muss“, erklärte ein Sprecher am Dienstag auf Anfrage unserer Redaktion.

Die Erfassung des Unterrichtsausfalls werde nach den Sommerferien „planmäßig wieder aufgenommen“. Die rund 5500 Schulen in NRW würden rechtzeitig über die Details zur Erhebung informiert. Die Datenerhebung war während der Corona-Pandemie ausgesetzt worden. Die Landtagsopposition aus SPD und FDP kritisiert seit Wochen, dass auch nach Ende aller Pandemie-Einschränkungen im Schulalltag die Zahl der ausgefallenen Stunden weiterhin nicht erfasst wird.

Befindet sich NRW im "schulpolitischen Blindflug"?

„Ministerin Feller hält beide Augen fest geschlossen und befindet sich auf einem schulpolitischen Blindflug“, kritisierte FDP-Schulexpertin Franziska Müller-Rech. Sie verwies am Dienstag auf eine Umfrage des Instituts Civey im Auftrag der Liberalen, derzufolge 90 Prozent aller befragten NRW-Bürger sich dafür ausgesprochen hätten, ausgefallenen Unterricht wieder systematisch zu erfassen.

Zuletzt hatten sich Meldungen über beträchtliche Stundenausfällen vor allem an Grundschulen aus verschiedenen Städten des Landes gehäuft. Besondere Aufmerksamkeit fand die Nachricht, dass eine Förderschule aus Aachen in ihrer Not auf eine Vier-Tage-Woche umgestellt habe. Derzeit sind laut Schulministerium rund 8000 Lehrerstellen in NRW unbesetzt.

Zu viel Bürokratie neben Corona- und Flüchtlings-Statistiken

Feller verwies darauf, dass es ihr um Verlässlichkeit gegenüber den Schulen gehe. Zu Beginn des Schuljahres sei ihnen zugesagt worden, dass man es zunächst bei der Erfassung der jeweiligen Corona-Infektionen belassen wolle. Da inzwischen auch wöchentlich die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge dokumentiert werden muss, soll die bürokratische Belastung der Lehrkräfte und Schulsekretariate in Grenzen gehalten werden. Ab dem Schuljahr 2023/24 muss dann aber wieder die Datenbank „UntStat“ gefüttert werden, die für jede Schule den Ausfall des regulären Unterrichts registriert.

Die Erfassung der Unterrichtsausfalls ist in NRW seit Jahren ein Politikum. Die frühere Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte zum Schuljahr 2017/18 erstmals eine digitale und schulscharfe Messung eingeführt. Die rot-grüne Vorgängerregierung hatte den Unterrichtsausfall zunächst gar nicht erfasst. Erst nach harscher Kritik bediente man sich 2014 immerhin einer Stichproben-Methode. Statistisch galt eine Stunde dabei nur dann als nicht erteilt, wenn Schüler nach Hause geschickt wurden oder Freistunde hatten. Gebauer nahm hingegen erstmals auch das sogenannte Eigenverantwortliche Arbeiten mit in die Erhebungsmethodik.