Düsseldorf. So viel Photovoltaik wurde noch nie in NRW installiert. Die von Schwarz-Grün versprochene Solarpflicht ist aber noch nicht in Sicht.

In NRW wurden im vergangenen Jahr mehr als 78.000 Solaranlagen neu installiert und damit so viele wie noch nie zuvor. Sie erzeugen insgesamt 913 Megawatt (MW) Leistung – genauso viel wie im bisherigen Rekordjahr 2011. Das zeigt eine Analyse des Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE NRW). Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Zubau von Solarzellen 2022 deutlich um 40 Prozent.

Die Energie-Unsicherheit und die steigenden Preise im vergangenen Jahr seien Gründe für den Aufschwung: „Dadurch hat sich vor allem im Gewerbe das Bewusstsein verstärkt, dass man Energie vom Dach braucht, um die Kosten zu decken“, sagte LEE NRW-Geschäftsführer Christian Mildenberger am Dienstag im Landtag. Auch immer mehr private Haushalte wollten mit eigenen Solaranlagen unabhängiger werden.

Solar-Ausbau in NRW verpasst Klimaziele deutlich

Von den selbst gesteckten Zielen sei NRW aber noch weit entfernt. Laut der Energieversorgungsstrategie sollen im Jahr 2030 bis zu 24 Gigawatt (GW) Leistung aus Photovoltaikanlagen kommen. Um das zu erreichen, „ist ein jährliches Plus von mindestens 2000 Megawatt Solarleistung unverzichtbar“, sagte Mildenberger. Bundesweit liege NRW beim Solar-Ausbau auf Platz zwei hinter Bayern. Die dort zugebauten Anlagen erzeugten 2022 doppelt so viel Strom wie die in NRW.

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Großes Potenzial beim Solarausbau sieht Mildenberger bei Freiflächen. Nur ein Prozent der 2022 installierten Anlagen seien auf Freiflächen ans Netz gegangen. Sie erzeugten sieben Prozent der Leistung aller zugebauten Anlagen. „Vor allem Flächen an Autobahnen, Schienen und Bundesstraßen müssen stärker für Solar genutzt werden“, so der LEE-Geschäftsführer.

Laut LEE verhindere der restriktive Landesentwicklungsplan den Bau vieler Freiflächenanlagen. Die Regeln müssten geändert werden. Außerdem fordert der Verband von der Landesregierung, erneuerbare Energien in Gewerbe und Industrie zum Regelfall zu machen.

Verband und Opposition drängen auf Solarpflicht

Ein entscheidender Faktor für den Ausbau könne laut dem LEE die „umfassende Solarpflicht“ werden, die die schwarz-grüne Landesregierung im Koalitionsvertrag festgehalten hat. Der Vertrag sieht vor, dass alle gewerblichen Neubauten ab 2024 mit Solaranlagen versehen werden müssen, ab 2025 auch alle privaten Neubauten. Ab 2026 soll die Solarpflicht bei der Sanierung von Dächern greifen.

Konkrete Beschlüsse gebe es aber noch nicht. „Wir warten sehnlichst darauf, dass die Solarpflicht zeitnah in einem Landesgesetz festgeschrieben wird.“ Allein eine Solarpflicht könne ein Drittel des geforderten Zubaus von 2000 MW Leistung pro Jahr sichern.

Auch die Opposition ist alarmiert. „Wir erwarten von der Landesregierung, den eigenen Ankündigungen mit einem Gesetzentwurf für die Solarpflicht endlich nachzukommen“, so André Stinka, Energie-Experte der SPD im Landtag. Schwarz-Grün müsse zudem den Ausbau von Photovoltaikanlagen für Mehrfamilienhäuser vorantreiben.