Düsseldorf. Der Ministerpräsident hat sich erstmals ausführlich zum Informationsfluss und zu Löschvorwürfen rund um die Brückensperrung geäußert.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat im Zusammenhang mit der seit über einem Jahr gesperrten A45-Talbrücke „Rahmede“ erstmals Versäumnisse in seinem politischen Zuständigkeitsbereich nicht mehr ausgeschlossen.

Die fatale Fehlentscheidung, die Brücke nicht zu sanieren, sondern auf einen Neubau zu warten, sei zwar im Jahr 2014 und damit vor seiner Zeit als Verkehrsminister getroffen worden, so Wüst. Sollten die zuständigen Stellen aber auch während seiner Amtsjahre als Ressortchef (2017 bis 2021) Entscheidungen getroffen haben, „die nicht verhindern konnten, dass die eingetretenen Schäden jetzt entstanden sind für die Region, insbesondere für die Menschen dort, dann sind die aus heutiger Sicht natürlich genauso falsch gewesen“, sagte der Ministerpräsident am Dienstag in der Düsseldorfer Landespressekonferenz.

Fachliche Entscheidungen, "unabhängig davon, welche Partei in diesem Land regiert“

Die Sauerlandlinie bei Lüdenscheid als eine der wichtigsten Logistikachsen Deutschlands muss seit Dezember 2021 wegen Schäden im Tragwerk der Rahmedetalbrücke umfahren werden, was für Speditionen, Betriebe und Anwohner katastrophale Folgen hat. Wüst war zuletzt unter Druck geraten, weil aufgetauchte Unterlagen Zweifel an der bisherigen Regierungshaltung genährt hatten, die politische Ebene habe zu Wüsts Zeit im Verkehrsministerium praktisch gar nichts mit den Problemen an der A45 zu tun gehabt.

Wüst beharrt zwar weiterhin darauf, dass die Prüfung, ob und wann eine Brücke saniert oder neu gebaut werden soll, fachlichen Erwägungen folge, „die allein die zuständige Straßenbauverwaltung trifft - unabhängig davon, welche Partei in diesem Land regiert“. Zugleich räumte er nun aber ein, dass „ein Verkehrsministerium immer im Bilde ist und nachgeordnete Bereiche entsprechende Sachstände bereitstellen“. Zu dem Informationsfluss gehörten auch „unterschiedliche Zeitpläne und Veränderungen“.

Wüst kündigt Transparenzoffensive an

Wüst wies Vertuschungsvorwürfe zurück und kündigte eine Transparenzoffensive an: „Wir werden alle Fragen beantworten, so wie wir sie beantworten können zu dem ganzen Komplex A45 Rahmedetal. Da können Sie sich drauf verlassen.“ Den Vorwurf, dass möglicherweise belastende E-Mails gelöscht worden seien, wies er zurück: „Es gibt klare Regeln im Umgang mit Akten und an die ist sich nach meiner Kenntnis auch in diesem Fall gehalten worden.“ Das Portal „T-Online“ hatte enthüllt, dass ein interner Schriftwechsel zwischen Wüsts ehemaligem Büroleiter Thomas Dautzenberg, der mittlerweile zum Landtagsdirektor befördert wurde, und der Staatskanzlei in den Akten fehlt. Der E-Mail-Wechsel habe sich nur auf eine allgemeine Anfrage zur Terminvorbereitung von Staatskanzleichef Nathanael Liminski (CDU) im Frühjahr 2020 bezogen und nicht „zu genau dieser Brücke“ verhalten, so Wüst am Dienstag.

SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty kritisierte, Wüst habe „zum wiederholten Male die Verantwortung für das Chaos um die Rahmedetalbrücke auf die Vorgängerregierung und die fachliche Ebene geschoben“. An diesem Mittwoch muss sich die schwarz-grüne Landesregierung in einer Aktuellen Stunde des Landtags zu den Löschvorwürfen erklären.