Düsseldorf. Der Landtag arbeitet den Lützerath-Einsatz auf. Das Innenministerium weist den Vorwurf von Polizeigewalt zurück.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat die Krawalle am Rande der Großdemonstration für das Braunkohle-Protestdorf Lützerath nachträglich als bewusste Eskalation eines gewalttätigen Teils der Klimabewegung bezeichnet. „Polizeiexperten sagen mir, dass es viele Hinweise darauf gibt, dass die ganze Aktion gesteuert war“, sagte Reul am Donnerstag bei der parlamentarischen Aufarbeitung des Einsatzes im Innenausschuss des Landtags.
Neben Tausenden friedlichen Demonstranten seien am vergangenen Samstag auch etliche vermummte und mit Schutzpolstern ausgestattete Störer aus ganz Europa ins Rheinische Revier gekommen, die das zu diesem Zeitpunkt bereits abgeriegelte Lützerath stürmen wollten. Polizisten seien mit Latten und Böllern attackiert und Polizeipferde mit Rettungsdecken bewusst aufgescheucht worden. „Mir wurde sogar berichtet, dass die Störer gezielt nach den Schusswaffen gegriffen haben. Teilweise ist es gelungen, eine der Sicherungen am Holster schon zu lösen“, sagte Reul.
Fünf Ermittlungen gegen Einsatzkräfte eingeleitet
Im Zusammenhang mit der Demonstration und der vorherigen Räumung von Lützerath wurden bislang knapp 500 Straftaten erfasst. Zehn Aktivisten wurden in längerfristigen Gewahrsam genommen, weil sie sich mit verklebten Fingerkuppen der Identitätsfeststellung entziehen wollten.
Das Innenministerium trat energisch dem Vorwurf übermäßiger Polizeigewalt entgegen. Das besonnene Einsatzkonzept sei voll aufgegangen, hieß es. Wenn es Hinweise auf Fehlverhalten gebe, werde dem nachgegangen, versprach Reul. Bislang seien in fünf Fällen Ermittlungen gegen Einsatzkräfte eingeleitet worden. Dabei geht es um Körperverletzungen im Amt, es steht aber auch sexuelle Belästigung im Raum. In der Spitze waren im Rheinischen Revier rund 3700 Polizisten aus dem gesamten Bundesgebiet im Einsatz.
"Ein klassisches Narrativ aus dem Linksextremismus"
Verfassungsschutz-Chef Jürgen Kayser nannte die pauschalen Polizeigewalt-Vorwürfe „ein klassisches Narrativ aus dem Linksextremismus“. Laut Innenministerium gab es während der Großdemonstration 14 Transporte in Krankenhäuser, in fünf Fällen handelte es sich dabei um verletzte Polizisten. Insgesamt kam es während der Tage in Lützerath laut Innenministerium zu knapp über 100 verletzten Beamten.
Bei einer von Klimaaktiven zunächst beklagten schwerverletzten Person sei lediglich eine Gehirnerschütterung diagnostiziert worden. „Angeblich waren bei der Erstversorgung der Person durch Demo-Sanitäter auch Kameras dabei – fast so, als hätte man da etwas inszenieren wollen“, sagte Reul.
Grünen-Innenexpertin Julia Höller hingegen stellte fest, die Videos von der Demonstration zeigten auch ein „hartes Vorgehen“ einzelner Polizisten: „Wenn es Fehlverhalten von Seiten der Polizei gibt, muss es benannt werden.“ NRW-Polizeiinspektor Michael Schemke erläuterte, dass es bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs durch die Polizei verschiedene Abstufungen gebe: „Der Faustschlag ins Gesicht kann durchaus geboten sein.“