An Rhein und Ruhr. Abgeordneter der Regierungspartei AKP ruft zur Vernichtung politischer Gegner auf. Außenministerium bestellt türkischen Botschafter ein.
An der Wand hängt eine große türkische Fahne, davor sitzen Männer an einem Tisch. Ein Mann hält eine feurige Rede. Die anderen Männer klatschen begeistert Beifall. Der Mann heißt Mustafa Acikgöz, er ist Parlamentarier der türkischen Regierungspartei AKP. Der Raum befindet sich in der Neusser Yunus-Emre-Mosche, die den rechtsextremen Grauen Wölfen zugerechnet wird. In seiner Rede fordert Acikgöz zur Vernichtung politischer Gegner in Deutschland auf. Seine Hetzrede beschäftigt jetzt die Politik und die Sicherheitsbehörden.
Der Vorfall, über den zuerst die Frankfurter Rundschau berichtete, hat sich am 13. Januar ereignet. In der Türkei sind für Mitte Juni Wahlen geplant. Möglicherweise sollen auf Mai vorgezogen werden. Es sieht nicht gut für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und seine Partei AKP aus. Es kommt auch auf die Stimmen von Auslands-Türken an. Deutschland mit seiner großen Zahl türkischer Migranten kann entscheidend werden. Deswegen machen Männer wie Mustafa Acikgöz seit Monaten Wahlkampf auch an Rhein und Ruhr.
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„Seit September trommeln AKP-Abgeordnete in Ditib-Moscheen, in der AKP-Lobby-Organisation UID und bei den Grauen Wölfen um Stimmen bei den Türkischstämmigen in Deutschland“, erläutert der Türkei-Forscher und Politikwissenschaftler Prof. Burak Copur. Der Auftritt des Abgeordneten Acikgöz sei der bisherige negative Höhepunkt dieser Kampagne. „Sie zeigt, dass hier Regimegegner zur Zielscheibe dieses aufgehetzten Mobs werden können“, warnt Copur.
Konkret hatte der AKP-Abgeordnete in Neuss gesagt: „Genauso, wie wir ihnen kein Lebensrecht in der Türkei geben, werden wir ihnen es auch in Deutschland nicht geben.“ Und: „Egal, wohin sie auf der Welt flüchten, wir werden die PKK- und Fetö-Terroranhänger vernichten.“ Die kurdische Arbeiterpartei PKK führt seit vielen Jahren einen Kampf für mehr Rechte für die kurdische Minderheit in der Türkei und gilt in vielen Ländern Europas als Terrororganisation. Als „Fetö“ bezeichnet Ankara die Organisation des Predigers Fethullah Gülen, die für den Putschversuch 2016 verantwortlich gemacht wird.
Baerbock-Ministerium: Hass und Hetze haben in Deutschland nichts verloren
Der angebliche Kampf gegen den Terrorismus dient Erdogan und seiner Regierung jedoch häufig zur Ausschaltung politischer Gegner. So sitzen bereits Hunderte Politiker der im Parlament vertretenen progressiven HDP wegen Terrorvorwürfen im Gefängnis.
Die Hetzrede des AKP-Abgeordneten hat Wellen bis nach Berlin geschlagen. Am Dienstag bestellte das Auswärtige Amt den türkische n Botschafter ein. Hetze und Hassrede hätten in Deutschland nichts verloren, schrieb das Amt auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Man habe „unmissverständlich“ daran erinnert, dass ausländische Wahlkampfveranstaltungen vorher genehmigt werden müssten, sollten sich türkische Vertreter nicht daranhalten, müssten Konsequenzen geprüft werden.
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Auch in NRW ist der Vorfall auf heftige Kritik und Besorgnis gestoßen. „Wir müssen uns am Ende nicht wundern, wenn hierzulande erdogankritische Personen vermehr attackiert oder sogar umgebracht werden“, warnt Politikwissenschaftler Copur. Berivan Aymaz, die Landtagsvizepräsidentin und Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, bezeichnete die Rede des AKP-Abgeordneten als „brandgefährlich und absolut inakzeptabel“. Politik und Sicherheitsbehörden müssten „besonders sensibilisiert sein, auch gegenüber rechtsnationalen türkischen Strukturen vor Ort, damit die Sicherheit von Kritikern des türkischen Regimes und anderer bedrohter Personen gewährleistet wird“ betonte die Grünen-Politikerin, die selbst kurdische Wurzeln hat.
Das Landesinnenministerium teilte auf Anfrage mit, dem Verfassungsschutz seien der Auftritt und die Äußerungen des türkischen Politikers bekannt. Man sehe derartige Äußerungen „mit Besorgnis“, weswegen die Sicherheitsbehörden derzeit prüften, ob die Aussagen strafbar seien. Die Grauen Wölfe, in deren Neusser Moschee Acikgöz seine Rede hielt, wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Die Bewegung gilt als ultra-nationalistisch, rassistisch und antisemitisch und als größte rechtsextreme Organisation in Deutschland. In Frankreich sind die Verbände der Bewegung seit 2020 verboten.