Düsseldorf. Der NRW-Innenminister betrachtet den umstrittenen Einsatz als vollen Erfolg und fordert Beweise, dass überhart eingestiegen worden sei.

Als NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Montagnachmittag vor die Presse tritt, wird schnell klar, dass hier jemand entschlossen zur Gegenoffensive übergeht. Seit den schlimmen Szenen, die sich am Rande der Großdemonstration im Rheinischen Revier abgespielt haben, hängt der hässliche Vorwurf übermäßiger Polizeigewalt in der Luft wie die dichten Düsseldorfer Regenwolken am Montag.

Reul bilanziert dagegen einen vollen Erfolg. „Die Rechnung“ sei aufgegangen. Die Räumung des Protestdorfs Lützerath sei schneller gelungen, als Experten vermutet hatten. „Wir sind alle davon ausgegangen, dass es vier bis sechs Wochen dauert“, sagt Reul zufrieden. Jetzt können die riesigen Bagger kommen und das abgesperrte Lützerath wegschaufeln. „Unsere Aufgabe ist erledigt. Der Zaun ist da, der Zaun wird bewacht, und das ist der Job von RWE“, so der Minister.

Elf verletzte Demonstranten nach Polizei-Zählung

Den Vorwurf, die Polizei sei zu hart eingestiegen, lässt Reul bis zum Beweis des Gegenteils nicht gelten. Die Klage der Klima-Bündnisse, eine dreistellige Zahl an Demonstranten sei niedergeknüppelt worden und es gebe sogar Schwerverletzte, weist der Minister als „Falschaussage“ zurück. „Ich habe es langsam satt, dass immer Behauptungen aufgestellt werden, ohne die Nachweise zu bringen.“ Elf verletzte Demonstranten seien nach Recherchen der Behörden in Kliniken und bei Rettungsdiensten bislang bekannt, davon seien neun ins Krankenhaus eingeliefert worden. Von Lebensgefahr wisse er nichts. „Mal ist der Hubschrauber da, mal ist der Hubschrauber nur angefordert worden. Da ändert sich ja auch jede Viertelstunde die Äußerung“, spottet Reul.

Und all die Videos von prügelnden Polizisten, die gerade das Netz fluten? „Die Schnipsel sind Schnipsel, und deshalb muss man sich die genau angucken“, sagt Reul. In zwei, drei Fällen gebe es Hinweise auf unkorrektes Verhalten seiner Leute. „Wenn wir den Nachweis haben, dass Polizisten Fehler begangen haben, müssen sie dafür zur Rechenschaft gezogen werden“, verspricht er.

Auf NRW-Grüne wartet kritische Bestandsaufnahme

Dass der Lützerath-Protest ausgestanden ist, glaubt Reul indes nicht. Er warnt vor neuen Aktionen der Aktivisten. Beim grünen Koalitionspartner könnte sich derweil in der Sitzung der Landtagsfraktion an diesem Dienstag viel Frust entladen. Der „Kohledeal“ von Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur mit RWE hat die gesamte Klimabewegung gegen die Partei aufgebracht. Einige Kreisverbände melden Parteiaustritte und beschmierte Geschäftsstellen. Viele einfache Mitglieder haben in Lützerath gegen die eigene Landesregierung mitdemonstriert. Die Landtagsabgeordnete Antje Grothus fordert inzwischen einen Räumungsstopp. Die von der Parteispitze über Monate ausgegebene Sprachregelung, der Kompromiss mit RWE sei „ein Erfolg für den Klimaschutz“, wird intern längst als nicht mehr kommunizierbar eingestuft.