Düsseldorf. Der NRW-Innenminister skizziert im Landtag erstmals Überlegungen für großen Räumungseinsatz: Werden es nicht scheibchenweise machen.
Im Streit um das Protestdorf Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier hat NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) die Klimaaktivisten ultimativ zum Einlenken aufgefordert und erstmals einen entschlossenen Polizeieinsatz skizziert.
„Ich fordere die Menschen in Lützerath auf, das Gelände alsbald zu verlassen“, sagte Reul am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags. Die Rechtslage sei klar: Der Energiekonzern RWE dürfe das zur Stadt Erkelenz gehörende Dorf für den Braunkohleabbau in Anspruch nehmen. „Unsere Polizistinnen und Polizisten, die Landesregierung und wohl auch die große, große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes wollen keine Eskalation“, sagte Reul.
RWE will noch die laufende Rodungssaison nutzen
Dass RWE angekündigt hat, die Braunkohle unter der von Dutzenden Klimaaktivisten besetzten Ortschaft noch in der bis Ende Februar 2023 laufenden, naturschutzrechtlichen Rodungssaison nutzen zu wollen, stellt sich die NRW-Polizei in absehbarer Zeit auf einen schwierigen Großeinsatz ein.
„Es werden sehr viele Kräfte wahrscheinlich über einen längeren Zeitraum benötigt werden rund um die Uhr. Wir werden Unterstützung aus anderen Ländern und vom Bund brauchen: Bereitschaftspolizei, Spezialisten für die Höhe und so weiter“, erklärte Reul. In der schwarz-grünen Landesregierung gibt es offenbar große Sorge, dass sich die gewaltsamen Szenen der Räumung des Hambacher Forsts von 2018 wiederholen könnten. Vor allem die Grünen, die inzwischen Teil der Landesregierung sind und von der Klimabewegung scharf für ihren „Kohle-Deal“ mit RWE kritisiert sind, geraten zunehmend unter Druck.
Bloß kein zweites Hambi-Debakel
Das zuständige Polizeipräsidium Aachen habe bislang lediglich „Grundüberlegungen“ für die Räumung angestellt, berichtete Reul. Eine konkrete Einsatzplanung benötige in Abstimmung mit anderen Behörden und dem RWE-Konzern mehrere Wochen. Experten gingen von zwei Monaten Vorlauf aus, um keine Menschen zu gefährden. „Sie können die ganze Hintergrundlogistik nicht auf Halde machen.“
Seine Polizeiexperten rieten davon ab, „scheibchenweise“ vorzugehen, sagte Reul. „Am Ende muss Lützerath leer sein, und das geht nur in einem Gesamteinsatz. Erstens: Beseitigung von Barrikaden. Zweitens: Verbringung von Personen. Drittens: Abriss von Häusern und Rodung von Bäumen.“
Der Aachener Polizeipräsident hatte zuletzt vor einem überstürzten Einsatz gewarnt. Eine Vollzugshilfe bei der Räumung müsse rechtzeitig beantragt und sorgfältig und rechtssicher vorbereitet werden. 2018 hatte die NRW-Polizei einen der größten Einsätze der Landesgeschichte gefahren, um Klimaaktivisten aus Baumhäusern des Hambacher Forsts zu holen. Damals erhob sich dagegen bundesweiter Protest. Kurze Zeit später ordnete das Oberverwaltungsgericht einen vorläufigen Rodungsstopp an. Der teure Einsatz war umsonst, das Waldstück steht noch heute.