Düsseldorf. Viele Kommunen sind am Limit. Die SPD im Landtag fordert mehr Aufnahmeplätze des Landes und ein wöchentliches Lagebild.

Der Druck auf NRW-Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne), die Städte und Gemeinden bei der Aufnahme von Geflüchteten besser zu unterstützen, wird immer größer. Nachdem Großstädte wie zum Beispiel Bochum, Herne und Aachen die Landesregierung dazu aufgefordert haben, die Aufnahmekapazitäten in landeseigenen Einrichtungen deutlich stärker als geplant zu erweitern, dringt die SPD im Landtag auf ein vollständiges Lagebild der Situation im Land. In der Flüchtlingskrise 2015/16 seien die Kommunen noch laufend von der NRW-Regierung über die aktuellen Flüchtlingszahlen informiert worden.

Lage scheint dramatischer als vor sieben Jahren zu sein

Laut SPD-Landtagsfraktionsvize Christian Dahm ist die aktuelle Lage inzwischen sogar dramatischer als die vor sieben Jahren. Er erinnerte an die Einschätzung des neuen Regierungspräsidenten in Arnsberg, Heinrich Böckelühr, NRW habe jetzt schon 100.000 Menschen mehr aufgenommen als auf dem Höhepunkt der Krise 2015/16. Inzwischen hätten sich rund 130 NRW-Kommunen schriftlich bei der Landesregierung über unzureichende Unterstützung beschwert, so SPD-Kommunalexperte Justus Moor.

2015/16 habe NRW etwa 85.000 landeseigene Plätze für Geflüchtete zur Verfügung gestellt, sagte Moor. Derzeit seien es nur 25.000, und die geplante Erweiterung auf rund 34.500 Plätze bis zum Frühjahr bliebe weit hinter dem tatsächlichen Bedarf zurück. Dramatisch sei die Lage praktisch überall im Land, in Bochum sei die Landeserstaufnahmeeinrichtung aber regelrecht „am Absaufen“, wie Christian Dahm sagte, und die Stadt müsse dort rund 230 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in Turnhallen unterbringen.

SPD fordert ein wöchentliches Lagebild

Die SPD-Landtagsabgeordnete Ellen Stock warf der schwarz-grünen Landesregierung am Mittwoch vor, bei der Flüchtlingsaufnahme „im Blindflug“ unterwegs zu sein. Das Land und die Kommunen benötigten schnell ein „wöchentliches Lagebild“ über die genaue Zahl der Geflüchteten, deren Herkunftsländer, die Aufnahmekapazitäten des Landes und die Belegung von Turnhallen. Mit einem entsprechenden Antrag der SPD beschäftigt sich am Freitag der Landtag.

Finanzieller Spielraum der Städte wird enger

Der Städtetag NRW hatte vor wenigen Tagen „Klarheit“ darüber gefordert, wie viele Aufnahmeplätze die Städte bereithalten sollten. Der Städte- und Gemeindebund NRW wies auf die sich zuspitzende Haushaltslage vieler seiner Mitglieder hin. „Die Krise trifft die Kommunen mit voller Wucht, in ganz NRW rechnen die Kämmerer im Haushalt 2023 mit millionenschweren Defiziten", teilte Eckhard Ruthemeyer (CDU), Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW und Bürgermeister von Soest, kurz vor der Ministerpräsidentenkonferenz mit. Selbst die Kommunen, die noch finanzielle Reserven hätten, „bluten jetzt aus", so Ruthemeyer. Kostentreiber seien die explodierenden Preisen für Energie, Bauen und Personal, steigende Sozialausgaben sowie die Versorgung von Geflüchteten.