Düsseldorf. Ministerpräsident Wüst lehnt Hartz IV-Nachfolge ab, sein Koalitionspartner sieht dagegen wichtige Schritte, Armutsrisiken abzubauen.
Im Streit um das neue „Bürgergeld“, das vom kommenden Jahr an Hartz IV ersetzen soll, offenbaren sich erstmals Risse in der schwarz-grünen Koalition in NRW. Grünen-Landtagsfraktionschefin Verena Schäffer verteidigte die Sozialreform am Montag: „Insbesondere hier bei uns in NRW werden viele Menschen von dem neuen Bürgergeld profitieren. Die geplante Erhöhung der Regelsätze sowie der Schutz der bisherigen Wohnung und eines höheren Schonvermögens in den ersten beiden Jahren sind wichtige Schritte, um Armutsrisiken abzubauen.“
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte dagegen am Sonntag in der ARD vor Fehlanreizen für den Arbeitsmarkt und einem Ungerechtigkeitsgefühl in unteren Einkommensgruppen gewarnt: „Ich finde es nicht gerecht, dass Menschen auf Kosten derer, die fleißig arbeiten gehen, ziemlich lange nicht mitwirken müssen und ein ziemlich hohes Schonvermögen haben. Ich glaube, darüber wird man noch mal sprechen müssen.“ Es habe sich bewährt, "dass Menschen sich auch ein Stück anstrengen müssen, wenn sie Sozialleistungen bekommen".
Die Sanktionsmöglichkeiten der Jobcenter werden abgeschwächt
Die bisherigen Sanktionsmöglichkeiten der Jobcenter sollen deutlich abgeschwächt werden. In den ersten sechs Monaten des Bürgergeld-Bezugs soll etwa eine „Vertrauenszeit“ gelten, in der keinen Sanktionen mehr zu befürchten wären. In den ersten zwei Jahren ist zudem eine „Karenzzeit“ vorgesehen, in der Kosten für Unterkunft und Heizung vom Staat in tatsächlicher Höhe übernommen werden und bei einer vierköpfigen Familie Vermögen von 150.000 Euro plus Altersvorsorge unangetastet bleiben könnten.
Auch aus den Kommunen gab es zuletzt Warnungen, vom Prinzip des Förderns und Forderns abzurücken. Die Union im Bund hat am Wochenende die Tonlage gegenüber den Bürgergeld-Plänen der Ampel verschärft und droht mit einer Blockade im Bundesrat. Wenn sich die Düsseldorfer Koalitionspartner CDU und Grüne nicht einig werden, müsste sich NRW bei der Abstimmung in der Länderkammer erhalten.