Essen. Immer mehr junge Menschen machen eine Pflegeausbildung. Doch der Fachkräftemangel bleibt groß. Ein Überblick: Wie es der Branche in NRW geht.

Trotz des anhaltenden Fachkräftemangels in Pflegeberufen gibt es derzeit so viele Pflege-Auszubildende in Nordrhein-Westfalen wie nie zuvor. „Wenn man sich die Entwicklung der Ausbildungszahlen, nach der neuen Pflegeausbildung anschaut, sind sie in den vergangenen zwei Jahren deutlich gestiegen“, sagte Thomas Evers vom NRW-Gesundheitsministerium am Freitag auf dem ersten digitalen Pflegeausbildungsgipfel der Ruhrgebietskonferenz Pflege. „Das ist ein guter Start.“ Viele Jahre sind Alten- und Krankenpflegekräfte getrennt geschult worden. Seit 2020 gibt es die generalistische Ausbildung, in der sich junge Menschen erst im dritten Jahr für einen Bereich entscheiden. Wo steht die Pflegeausbildung in NRW heute? Ein Überblick.

17.500 Pflege-Azubis in NRW

Nach Zahlen des Gesundheitsministeriums, haben im vergangenen Jahr 17.413 Menschen hierzulande eine Ausbildung zum Pflegefachmann oder zur Pflegefachfrau begonnen – das sind zehn Prozent mehr als im Vorjahr. 2020 lag die Zahl der Azubis bei 15.837. Die Tendenz ist steigend. Schon im ersten Jahr der neuen Pflegeausbildung (2020) verzeichnete NRW eine Steigerung von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

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Auch bei der einjährigen Pflegefachassistenzausbildung sei die Zahl der Auszubildenden gestiegen, sagte Thomas Evers. In diesem Jahr werden rund 17.000 Azubis in dieser Sparte ausgebildet. Die Zahlen im Bereich der vom Land geförderten Ausbildungsplätze hätten sich verdoppelt. Dennoch fehle es an Pflegefachassistentinnen und -assistenten, so Evers. Für dieses Jahr seien 3000 Plätze förderungsmäßig abgedeckt, die jedoch nicht ausgeschöpft worden seien.

Pflege-Fachassistenz-Ausbildung in NRW weiter ausbauen

Die Pflege-Einstiegsmöglichkeiten durch eine Fachassistenzausbildung müssten bekannter werden, betonte Roland Weigel, Sprecher der Ruhrgebietskonferenz Pflege. Zudem sei es sinnvoll, die Ausbildung auf zwei Jahre auszuweiten, um den anspruchsvollen Stoff besser vermitteln zu können. Die Mindestvoraussetzung für den Zugang zur Ausbildung ist der Hauptschulabschluss. Weigel: „Wir haben es oft mit Menschen zu tun, die nicht immer bildungsaffin sind oder nach ihrem Schulabschluss erstmal eine Pause vom Lernen machen möchten.“ Eine intensive Begleitung sei daher unabkömmlich.

Abbrecherquote bei 20 Prozent

Die Abbrecherquote von Auszubildenden in der Pflege ist nach wie vor hoch. Zahlen des NRW-Gesundheitsministeriums zeigen, dass jeder fünfte Azubi seine Ausbildung frühzeitig abbricht. Dies sei aber, verglichen mit anderen Ausbildungsgängen, ein unterdurchschnittlicher Wert, sagte Weigel. Laut einer neuen Studie des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung (dip) geben über 92 Prozent der befragten Azubis an, nach ihrer Ausbildung in der Pflege bleiben zu wollen. Fast zwei Drittel haben dazu auch bereits eine Zusage ihres Arbeitgebers.

Zehn Jahre oder länger im Beruf

„Das Bild der Öffentlichkeit ist häufig, dass die Menschen nicht lange in den Pflegeberufen bleiben würden“, sagte Weigel. „Fakt ist aber: Es gibt keinen so genannten Pflexit.“ Laut dip-Studie arbeiten nahezu 75 Prozent der Pflegekräfte im Land zehn Jahre oder länger in ihrem Beruf. Die durchschnittliche Verweildauer der befragten Pflegekräfte beträgt in der Altenpflege demnach 13 Jahre, in der Krankenpflege sogar 16 Jahre.

Fachkräftemangel in der Pflege bleibt hoch

Laut Arbeitsagentur kommen in NRW auf rund 100 offene Stellen in der Pflege rein rechnerisch 83 arbeitslose Bewerberinnen und Bewerber. Nur in neun anderen Berufsfeldern ist die Lücke größer. „Wir werden weiter steigenden Bedarf an auszubildenden Pflegekräften in allen Einrichtungen und auf allen Ebenen haben“, bilanzierte Thomas Evers vom Gesundheitsministerium. In den Einrichtungen brauche es deshalb einen „Personal- und Qualifikationsmix“ an Assistenzkräften, ungelernten Kräften, Fachkräften und akademisch qualifizierten Pflegekräften. Quereinstiege müssten einfacher zugänglich werden, „indem jemand ohne schulische Ausbildung, der aber Pflegeerfahrung, beispielsweise aus dem familiären Umfeld, mitbringt, trotzdem an einer Abschlussprüfung teilnehmen kann“, so Evers.