Düsseldorf. NRW-Umweltminister Krischer (Grüne) zu Gast bei Freunden? Auf einer BUND-Tagung muss er sich für Lützerath-Entscheidung rechtfertigen.

NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) hat die umstrittene Vereinbarung zwischen der schwarz-grünen Landesregierung und dem Essener Energiekonzern RWE über einen vorgezogenen Ausstieg aus der Braunkohle-Verstromung in NRW im Jahr 2030 gegen scharfe Kritik aus Umweltverbänden verteidigt.

„Ich finde ehrlich gesagt, dass es eine gute und richtige Vereinbarung ist“, sagte Krischer am Sonntag auf der Landesdelegiertenversammlung des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Düsseldorf. Krischer wehrte sich dagegen, dass aus grünen Vorfeldorganisationen „eine Tonlage reinkommt, zu unterstellen, man hätte da etwas Komisches gemacht“.

Klimabewegung ist "auf der Zinne"

Der BUND kritisiert ebenso wie zahlreiche andere Umweltinitiativen heftig, dass die am 4. Oktober vorgestellte Vereinbarung zwischen Bund, Land und RWE vorsieht, dass der Kohleausstieg zwar um acht Jahre vorgezogen wird, bis dahin aber zwei Kraftwerksblöcke im rheinischen Revier länger am Netz bleiben dürfen als vorgesehen, insgesamt noch vergleichsweise viel schmutzige Braunkohle verfeuert werden kann und die Erkelenzer Ortschaft Lützerath noch abgebaggert werden soll.

Die Landesregierung habe „in einem etwas seltsamen Hinterzimmer-Deal“ dem RWE-Konzern etwa eine Milliarde Euro Zusatzeinnahmen in die Kassen gespült, kritisierte BUND-Sprecher Dirk Jansen. Der Tagebau Garzweiler werde viel größer gehalten, als es aus Sicht des Klima-, Gewässer- und Landschaftsschutzes geboten sei. Dies habe „die gesamte Klimabewegung voll auf die Zinne gebracht“, so Jansen.

Kommt es zu "katastrophalen Bildern" wie am Hambacher Forst

Der BUND fordert weiterhin das jüngst auf dem Grünen-Bundesparteitag nur knapp gescheiterte Moratorium für das Dorf Lützerath, das bundesweit zum Symbol der Klimaschutzbewegung geworden ist. „Ich kündige jetzt schon an für den Fall, dass geräumt werden sollte, dass es massive Proteste der gesamten Klimabewegung hervorrufen wird“, sagte Jansen und warnte vor „katastrophalen Bildern“ wie bei der Räumung der Aktivisten-Camps durch die Polizei im Hambacher Forst 2018.

Umweltminister Krischer erklärte hingegen, dass der auf 2030 vorgezogene Kohleausstieg in NRW angesichts der aktuellen Energiekrise an sich schon ein Verhandlungserfolg sei: „Die Alternative wäre, es bleibt bei 2038. Das ist das Gesetz.“ Er warf der Klimabewegung vor, dass sie selbst „vor anderthalb, zwei Jahren noch nicht Lützerath auf dem Zettel hatte“. Die Grünen indes hätten ihr Wahlprogramm bei der Braunkohle „zu 100 Prozent erfüllt“.

Trotz der Energiekrise unterstützt die Hälfte (50 Prozent) der Wahlberechtigten an Rhein und Ruhr laut NRW-Trend vom Sonntag im Auftrag des WDR den vorgezogenen Ausstieg aus der Braunkohleförderung. Ein Fünftel (22 Prozent) wäre für eine Fortführung bis zum Jahr 2038 gewesen, ähnlich viele (20 Prozent) für eine längere Braunkohleförderung über das Jahr 2038 hinaus.