Düsseldorf. Der Schuldenstand sind so hoch wie nie, doch die Haushaltsberatungen sollen rekordverdächtig knapp gehalten werden. Die Opposition ist alarmiert.
Teure Wahlversprechen, milliardenschwere Mitfinanzierung der bundesweiten Entlastungspakete in der Energiekrise und obendrein eine drohende Wirtschaftskrise – die schwarz-grüne Regierungskoalition in NRW startet mit einer beträchtlichen Haushaltshypothek in ihre Amtszeit. Noch verschafft die galoppierende Inflation dem Staat fette Einnahmen, doch der Landesrechnungshof hat eben erst darauf hingewiesen, dass NRW seine Einnahmeerwartungen für die kommenden Jahre bis 2026 nach unten korrigieren müsse. Schon wegen des Rekordschuldenstandes von inzwischen schwindelerregenden 160 Milliarden Euro solle ein finanzpolitischer Neuanfang her.
Normalerweise schlägt in einer solchen Lage die Stunde der Finanzpolitiker im Landtag. Schließlich gilt das Haushaltsrecht als „Königsrecht“ des Parlaments. Doch die FDP-Opposition beklagt, kaum Zeit zur Beratung zu bekommen. Schwarz-Grün plane einen „historischen Haushalts-Tornado“, mit dem der Landeshaushalt 2023 noch in diesem Jahr durch Parlament gefegt werden solle, kritisierte FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel. Zumal im September noch ein Nachtragshaushalt auf der Tagesordnung steht, in dem zunächst vor allem die (Personal-)Kosten des Regierungswechsels von Schwarz-Gelb zu Schwarz-Grün abgebildet werden.
Scheut die Regierung Diskussion über teure Wahlversprechen?
Die Opposition vermutet, dass hinter den gehetzten Haushalten der Versuch steckt, eine Debatte über teure Wahlversprechen und zunehmende Verteilungskämpfe in wirtschaftlich immer schwierigeren Zeiten möglichst einzudämmen. Tatsächlich ist die Verabschiedung des mehrere Tausend Seiten umfassenden Etats 2023, der erst im November vorgelegt wird, jetzt an einem zusätzlich anberaumten Plenartag am 20. Dezember geplant, wie ein Sprecher des Landtags am Mittwoch bestätigte. Es wäre dann mit 47 Beratungstagen das kürzeste Haushaltsverfahren in NRW seit mindestens zehn Jahren. Selbst nach dem vollständigen Regierungswechsel 2017 von Rot-Grün zu Schwarz-Gelb waren es immerhin 72 Tage. Dabei gäbe es diesmal durchaus Gesprächsbedarf, da allein die Entlastungspakete mit über vier Milliarden Euro in der Landeskasse zu Buche schlagen dürften.
Finanzminister verweist auf rechtliche Zwänge
Der neue NRW-Finanzminister Marcus Optendrek (CDU) verweist auf rechtliche Zwänge. Er müsse im Nachtragshaushalt die neuen Zuschnitte der Ministerien nach dem Regierungswechsel abbilden und das Zahlenwerk 2023 noch in diesem Jahr durchs Parlament bringen, erklärte ein Sprecher des Finanzministeriums auf Anfrage. Er verwies auf ein Urteil des NRW-Verfassungsgerichts von 2012. Damals hatten die Richter klargestellt, dass das Haushaltsgesetz vor Ablauf des vorangegangenen Rechnungsjahres verkündet und in Kraft gesetzt werden müsse.
Witzel hält das für vorgeschoben und wirft insbesondere den Grünen Doppelzüngigkeit vor. Vor fünf Jahren hatte deren damalige Fraktionsvorsitzende Monika Düker allzu kurze Haushaltsberatung noch als „beispiellose Missachtung grundlegender parlamentarischer Rechte“ gebrandmarkt.