Düsseldorf. Die Landesregierung zeigt nach Berlin, Städte und Opposition nehmen auch das Land in die Pflicht. Sozialverbände in großer Sorge.

Angesichts hoher Belastungen für Privathaushalte und Unternehmen durch die von der Ampel geplante Gasumlage wird in NRW der Ruf nach einem schnellen Ausgleich immer lauter.

NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) forderte am Dienstag vom Bund ein besonderes Augenmerk auf Menschen mit niedrigen Einkommen. „Sie werden von der Gasumlage besonders hart getroffen, profitieren aber kaum von Steuerentlastungen, da sie eh so gut wie keine Steuern zahlen“, sagte Laumann unserer Redaktion. „Für diese Gruppe brauchen wir dringend ein schlüssiges Hilfskonzept."

Zuvor hatte bereits Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne) nach Berlin gezeigt: „Die Bundesregierung ist aufgerufen, dringend für weitere Entlastungen zu sorgen, insbesondere für einkommensschwächere Haushalte und im internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen.“

Städte nehmen auch das Land stärker in die Pflicht

Der Städtetag NRW und die SPD-Opposition im Landtag nahmen dagegen auch die schwarz-grüne Landesregierung stärker in die Pflicht. Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU), zugleich Vorsitzender des Städtetages, forderte einen Energiegipfel, um Maßnahmen zur wirtschaftlichen und sozialen Abfederung der Energiekrise zu koordinieren. Es seien schnelle Entlastungen von Bund und Land erforderlich. „Wir dürfen keine Zeit verlieren“, sagte Kufen am Dienstag. Schon jetzt kämen hohe Abschlagszahlungen auf die Menschen zu.

SPD-Wirtschaftsexperte André Stinka warf Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) eine zu passive Rolle in einer existenziellen Lage vor: „Von seiner Landesregierung ist in diesen herausfordernden Zeiten bisher nichts zu sehen und hören. Immer nur nach Berlin zu zeigen, zeugt von mangelndem Gestaltungsanspruch.“

Die Sozialverbände in NRW sind alarmiert, weil hier zwei Drittel der Haushalte mit Gas heizen. „Viele Menschen werden die Zusatz-Belastungen einfach nicht tragen können“, warnte Frank Johannes Hensel von der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege. Das Gießkannenprinzip mit etwas Unterstützungen für alle passe nicht. Hensel forderte höhere Hartz-IV-Regelsätze und gezielte Vorkehrungen, damit Geringverdiener „nicht in die Verschuldung abrutschen“.

Verbraucherzentrale rät: Abschlagshöhe genau prüfen

Ab Oktober wird eine Gasumlage von rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde fällig. Bis Ende März 2024 sollen damit Gasversorger entschädigt werden, die wegen ausbleibender Lieferungen aus Russland deutlich teureres Gas aus anderen Quellen zukaufen mussten. Für eine vierköpfige Familie bedeutet allein das Mehrkosten von rund 600 Euro im Jahr. Hinzu kommen explodierende Kosten auf der normalen Gas-Rechnung. Unklar ist, wann genau die Gas-Abschläge angepasst bzw. die Nebenkostenabrechnungen erhöht werden. Die Verbraucherzentrale NRW rät Gaskunden, ihre Energierechnung genau zu prüfen. Wenn der Abschlag trotz der rasant steigenden Preise nicht angepasst werde, drohten im Folgejahr hohe Nachzahlungen. Werde hingegen zu viel im Voraus verlangt, schrumpften gerade bei Geringverdienern das verfügbare Monatseinkommen zu stark.