Düsseldorf. Die Studierendenwerke in NRW leiden unter drastischen Preissteigerungen, die sie zum Teil an die Studierenden weitergeben müssen.

Düsseldorf. Das Studentenleben dürfte bald teurer werden. Jörg J. Schmitz, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der zwölf Studierendenwerke in NRW, spricht im Interview mit Matthias Korfmann über die Konsequenzen steigender Energie- und Lebensmittelpreise für die Studierenden.

Herr Schmitz, was kommt da auf die Studierendenwerke zu?

Schmitz: Die Studierendenwerke sind von drastischen Preissteigerungen bei den Lebensmitteln, bei Energie, Handwerkerleistungen und Material für Instandhaltung betroffen. Bei der Energie rechnen wir mit Steigerungen bis zu 300 Prozent, bei den Lebensmitteln im Schnitt etwa zehn Prozent. Eine gewaltige Herausforderung für unsere Mensen, Bistros und Cafeterien, aber auch für unsere Wohnheime. Beide Bereiche leiden unter explodierenden Energiepreisen.

Was bedeutet das für die Studierenden?

Schmitz: Wir stecken in einem Dilemma. Wir sind die Sozialorganisation der Studierenden, müssen aber die unausweichlichen Kostensteigerungen an die Studierenden weitergeben. Über Sozialbeiträge, Wohnkosten, Preise.

Also steigen im Wintersemester der Semesterbeitrag, die Mieten, die Preise fürs Mensa-Essen?

Schmitz: Wahrscheinlich ja, aber nicht überall gleich stark. Denn die Situation ist von Standort zu Standort unterschiedlich. Bei manchen Studierendenwerken läuft zum Beispiel der Gas-Vertrag noch in diesem Jahr aus, bei anderen erst in zwei Jahren. Eine Besonderheit ist, dass Studierende für eine Wohnung im Wohnheim eine „All-In-Miete“ zahlen, in der alle Kosten zusammenfließen. Die Nebenkosten für Strom und Gas werden nicht nach individuellem Verbrauch berechnet. Dadurch sind die Mieten bisher für Studierende gut kalkulierbar. Nun dürften sie vor allem wegen der hohen Energiekosten steigen, und die All-In-Miete wird eher zum Malus.

Haben Sie Spielräume, die Kosten nicht komplett an die Studierenden weiterzugeben?

Schmitz: Es gibt Möglichkeiten. Wir informieren Wohnheimbewohner darüber, wie sie Energie sparen können. Das ist wichtig, denn viele sind zum ersten Mal außerhalb des Elternhauses. Und die Studierendenwerke sparen selbst Energie. Wir stellen unsere Heizungen optimal ein, heizen möglicherweise etwas weniger, prüfen Stromverbräuche. In der Hochschul-Gastronomie prüfen wir sorgfältig, wieviel Personal wir brauchen, denn die Personalkosten beeinflussen die Mensa-Preise stark.

Weil inzwischen die digitale Lehre an Hochschulen ausgebaut wurde, müssen wir die Frage stellen, wie viele Mensen und Bistros wir noch benötigen. Wer nicht am Campus ist, der isst nicht in der Mensa. Wir dünnen auch den Speiseplan etwas aus. Das heißt natürlich nicht fünfmal die Woche Würstchen mit Kartoffelsalat, sondern zum Beispiel drei Gerichte zur Auswahl und nicht fünf oder sieben. Das sind unsere Stellschrauben. Einen finanziellen Puffer haben wir nicht.

Die SPD-Landtagsfraktion fordert die NRW-Regierung auf, den Landes-Zuschuss an die Studierendenwerke von 44 Millionen Euro im Jahr zu erhöhen, um Studierende zu entlasten.

Schmitz: Das Land sollte die Zuschüsse erhöhen. Wir haben durch den schwarz-grünen Koalitionsvertrag die begründete Hoffnung, dass NRW künftig regelmäßig die Zuschüsse anpasst. Geplant sind drei Prozent, das reicht aber nicht. Wir haben der Rierung erklärt, mit welch einer brisanten Lage die Studierendenwerke kämpfen, und hoffen sehr, dass NRW die Zuschüsse sehr schnell mindestens auf dem Niveau der Inflationsrate erhöht.

Was hätten die Studierenden von höheren Zuschüssen?

Schmitz: Die seit Jahren anhaltende Tendenz, dass die Sozialbeiträge immer höher werden, könnte gebremst oder gestoppt werden. Bei den Mieten würde sich wohl nichts ändern. Die Zuschüsse fließen in der Regel nicht in die Bewirtschaftung der Wohnheime.

In welchem Zustand sind die Wohnheime?

Schmitz: Der Bestand ist tendenziell veraltet, weil wir nicht genügend in die Modernisierung investieren können. Die Heime aus dem 1970-er bis 1990-er Jahren sind modernisierungsbedürftig, angesichts der Energiekrise besonders im energetischen Bereich. Das Land NRW konnte sich leider bisher nicht dazu durchringen, ein substanzielles Programm dafür aufzulegen.

Können Sie in Not geratene Studierende finanziell unterstützen?

Schmitz: Wer akut in Not gerät, kann sich an die Studierendenwerke wenden. Es geht hier aber nicht um dauerhafte Zahlungen, sondern um punktuelle Hilfen in besonderen Einzelfällen. Wenn jemandem zum Beispiel die Kündigung der Wohnung droht, weil er eine Rechnung nicht bezahlen kann.

Reichen die Bafög-Sätze aus?

Schmitz: Das Bafög steigt im Wintersemester um etwa fünf Prozent. Das entspricht aber bei weitem nicht der allgemeinen Teuerung. Studierende, die Bafög erhalten, bekommen auch Zuschüsse von 230 Euro für die Heizlosten, und wenn ein Studierender jobbt, erhält er auch die Energiesparpauschale von 300 Euro.

Die Leistung der Studierendenwerke

Die Studierendenwerke in in Aachen, Bielefeld, Bochum, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Köln, Münster, Paderborn, Siegen und Wuppertal haben sich in einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Sie sind zuständig für bezahlbares studentisches Wohnen, Verpflegung, Studienfinanzierung (zum Beispiel Bafög), Kinderbetreuung und kulturelle Angebote.