Düsseldorf. Sollen exorbitante Gewinne infolge des Ukraine-Krieges gesondert besteuert werden? Die neue Regierungskoalition findet keine Position.
Die schwarz-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen ringt um eine einheitliche Position in der seit Wochen schwelenden Debatte über eine Sondersteuer auf hohe Zusatzgewinne von Energiekonzernen infolge des Ukraine-Krieges.
Der neue NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) will sich in der Frage weiterhin nicht festlegen. „Es gibt ökonomische, politische und rechtliche Argumente, die gegen die Einführung einer Übergewinnsteuer sprechen, es gibt allerdings auch Argumente, die für die Einführung einer Übergewinnsteuer sprechen“, erklärte Optendrenk in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD-Opposition im Landtag, die unserer Redaktion vorab vorlag. Die Besteuerung krisenbedingter, hoher Zusatzgewinne lasse sich im bestehenden deutschen Ertragssteuersystem nur sehr schwer umsetzen.
Die Grünen sind klar: Krisengewinne unredlich
Die NRW-Grünen bezogen dagegen klar Position: „Dass einige wenige Unternehmen mit hohen Gewinnen an dieser Krise verdienen, ist im höchsten Maße unredlich. Mit der Übergewinnsteuer können dringend notwendige soziale Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger finanziert werden", sagte Landtagsfraktionschefin Verena Schäffer unserer Redaktion. Die aktuellen Herausforderungen und steigenden Energiepreise forderten allen viel ab, insbesondere belasten sie Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen.
Die schwarz-grüne Landesregierung hatte sich Anfang Juli einer Bundesratsinitiative aus Bremen zur befristeten Einführung der Übergewinnsteuer nicht angeschlossen. Allein die vier Ölriesen Shell, BP, Exxon und Total konnten im ersten Quartal ihren Nettogewinn gegenüber dem Vorjahr auf rund 34 Milliarden Dollar verdoppeln. Italien hatte deshalb eine befristete Sonderbesteuerung von exorbitanten Sondergewinnen infolge des Ukraine-Krieges vorgenommen und eine Debatte in anderen EU-Mitgliedsstaaten sowie Großbritannien entfacht.
Die Mehrheit der Deutschen will Sondergewinne abschöpfen
„Die schwarz-grüne Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat zu dieser Frage leider keine Position“, kritisierte SPD-Fraktionsvize Alexander Vogt am Sonntag gegenüber unserer Redaktion. Die SPD-Abgeordnete Lisa-Kristin Kapteinat forderte eine Übergewinnsteuer als „deutliches Zeichen von gesellschaftlicher Verantwortung und Solidarität sowohl der Unternehmen als auch der Aktionärinnen und Aktionäre“.
Auch in der Ampel-Bundesregierung herrscht bislang noch Uneinigkeit, ob Profite in der Krise gesondert besteuert werden sollten. Laut ARD-Deutschlandtrend spricht sich eine große Mehrheit von 76 Prozent der Bundesbürger dafür aus, Krisengewinnler wie Energiekonzerne zusätzlich zur Kasse zu bitten. Einige Ökonomen warnen jedoch vor einem solchen Eingriff ins regelbasierte Steuersystem, da sich ein „Übergewinn“ nur schwer definieren lasse und wirtschaftliche Aktivitäten von Unternehmen immer Schwankungen ausgesetzt seien.