Düsseldorf. Die Zahl der unbesetzten Stellen ist seit 2017 noch weiter gewachsen. Unklar ist, wie Schwarz-Grün den dramatischen Trend brechen will.

Angesichts des weiter verschärften Lehrermangels in Nordrhein-Westfalen hat der Verband Bildung und Erziehung (VBE) die neue Landesregierung vor einer bloßen Ausweitung der Seiteneinsteiger-Programme zur Erfüllung politischer Ziele gewarnt. „Der Seiteneinstieg ist eine reine Notfallmaßnahme“, sagte der VBE-Landesvorsitzende Stefan Behlau unserer Redaktion. Letztlich müsse es darum gehen, offenen Stellen mit originär ausgebildeten Lehrkräften zu füllen.

Wie aus aktuellen Daten des NRW-Schulministeriums hervorgeht, hat sich der Lehrermangel trotz Rekordausgaben und zahlreicher politischer Initiativen in den vergangenen fünf Jahren noch einmal vergrößert. Zum 1. Juni waren mehr als 4300 von insgesamt rund 160.000 Stellen nicht besetzt, zum Ende der rot-grünen Regierungszeit 2017 waren es knapp 3000 von gut 152.000.

Von Stellen ohne Lehrer haben Schüler nichts

Damit bekommt die Kritik der Opposition im Landtag neue Nahrung, es würden bloß auf dem Papier immer neue Lehrer geschaffen, ohne dass tatsächlich mehr Unterricht erteilt werde. Die Regierung von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) habe „Stellen geschaffen, aber viel zu wenige besetzt. Davon haben die Schülerinnen und Schüler nichts“, so SPD-Fraktionsvize Jochen Ott.

Vor allem in der Sekundarstufe 1 und an Grundschulen in schwierigen Stadtteilen gelingt es immer seltener, ausgebildete Pädagogen zu gewinnen. Ohne Seiteneinsteiger und befristet beschäftigte Vertretungen, die über kein Lehramtsstudium verfügen und oft nur notdürftig vorbereitet in die Klassen geschickt werden, müsste noch mehr Unterricht ausfallen. „Die aktuellen Daten zeigen nur die Spitze des Eisbergs. Die Lage an den Schulen ist dramatischer“, bestätigte VBE-Chef Behlau.

Schwarz-Grün verspricht zusätzlich 10.000 leibhaftige Lehrkräfte bis 2027 

Die neue schwarz-grüne Landesregierung hat sich dennoch auf das Ziel verpflichtet, in den kommenden fünf Jahren nachweislich 10.000 zusätzliche Lehrkräfte einzustellen. Wie eine solch hohe Zahl an Referendaren über Bedarf ausgebildet werden kann, ist bislang unklar. Schulministerin Dorothee Feller (CDU) zeigte sich in der „Rheinischen Post“ deshalb offen für weitere Seiteneinsteiger: „Zu fragen ist auch: Gibt es noch andere Einstiegsmöglichkeiten als das klassische Lehramtsstudium? Gibt es andere Professionen, die uns helfen können?“

Die versprochene Angleichung der Einstiegsbesoldung (A13) für Grundschullehrer soll zudem mehr Studienräte vom Gymnasium für die Arbeit im Primarbereich motivieren. An Gymnasien herrscht außer in Mangelfächern wie Mathematik eher ein Überangebot an Lehrkräften. Wüst hat den Einstieg in die Besoldungsanpassung für die ersten 100 Tage seiner Koalition angekündigt – also bis spätestens 5. Oktober.